Evangelische Kirche in Hessen und Nassau
junge Frau

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Das junge Erwachsenenalter ist von wichtigen Ereignissen geprägt: der Übergang von Schule zu Studium oder Ausbildung, der Berufseinstieg, die erste eigene Wohnung, Erfahrungen mit festen Liebesbeziehungen und vielleicht schon die Gründung einer Familie. Wie begleitet die Kirche diesen Lebensabschnitt?

Jugendliche nach der Konfirmation erreichen: Erste Ansätze für eine nachhaltige Kirchenbindung

veröffentlicht 07.04.2025

von Rita Haering

Die neue Konfi-Studie zeigt: Jugendliche erleben die Konfi-Zeit meist positiv, doch danach sinkt die Kirchenbindung und das kann letztlich zum Kirchenaustritt führen. Welche Ansätze helfen, junge Menschen langfristig zu erreichen? Dabei könnten Treffen mit ehemaligen Konfis eine besondere Rolle spielen.

Die gute Nachricht ist: Viele Jugendliche empfinden ihre Konfi-Zeit als positiv. Laut der dritten Studie „Konfirmandenarbeit erforschen und gestalten“ aus dem Jahr 2024 waren 84 Prozent der befragten Konfirmand:innen zufrieden mit ihrer Konfi-Zeit, 80 Prozent hatten sogar viel Spaß. 86 Prozent der Konfirmandinnen und Konfirmanden fühlten sich in ihrer Gemeinde willkommen und 69 Prozent konnten ihre Glaubensfragen offen ansprechen. Im Vergleich zu früheren Studien ist die bereits hohe Gesamtzufriedenheit noch einmal gestiegen, vor allem die Alltagsrelevanz hat zugenommen.

Bedeutung der Konfi-Taufen

Ein besonderer Erfolg der Konfi-Arbeit liegt in den Konfi-Taufen: Sechs Prozent der Konfirmand:innen sind zu Beginn ihrer Konfi-Zeit noch nicht getauft. Was zunächst wie ein kleiner Prozentsatz erscheint, erhält eine enorme Bedeutung, wenn man bedenkt, dass im Rahmen der Konfi-Arbeit mehr Menschen getauft werden als in allen späteren Lebensphasen zusammengenommen. Das verdeutlicht, dass die Konfi-Zeit die Bindung zur Kirche herstellen kann.

Die große Herausforderung: Abbruch der Kirchenbindung nach der Konfirmation

Trotz guter Erfahrungen während der Konfi-Zeit nimmt danach bei vielen jungen Leuten die Bindung zur Kirche ab. So sinkt die Bedeutung der eigenen Kirchenzugehörigkeit sieben Jahre nach der Konfirmation von 61 Prozent auf 38 Prozent. Die Folgen dieser Entwicklung sind gravierend: Unter den 16-Jährigen, die keinen Kontakt zur Kirche mehr hatten, neigen 39 Prozent im Alter von 21 Jahren zum Kirchenaustritt oder haben die Kirche bereits verlassen. Im Gegensatz dazu liegt der Anteil bei jungen Erwachsenen, die weiterhin engen Kontakt zur Kirche hatten, bei lediglich 8 Prozent.

Weichen für Kirchenzugehörigkeit während der Konfi-Zeit stellen

 „Wie gelingt es, dass Jugendliche auch nach ihrer Konfirmation mit der Kirche verbunden bleiben?“ fragt deshalb Conny Habermehl, Leiterin des Jugendkirchentages der EKHN in einem Gastbeitrag auf evangelisch.de. Sie ist zuversichtlich, "dass die Konfirmandenarbeit einen bedeutenden Beitrag zur Integration von Jugendlichen in das Gemeindeleben leisten kann." Die Studie zeigt, dass während der Konfi-Zeit viele Weichen gestellt werden können.

Strategische Ansätze für eine starke Kirchenbindung nach der Konfirmation:

  1. Kontakt mit der Jugendarbeit herstellen: Jugendliche sollten bereits während der Konfi-Zeit mit Angeboten der evangelischen Jugendarbeit auf lokaler und regionaler Ebene in Kontakt kommen. So sind sie eher bereit, an Aktivitäten in Gemeinden, Nachbarschaftsräumen oder Dekanaten teilzunehmen.
  2. Ehrenamtsförderliche Konfi-Arbeit: 31 Prozent der Konfis möchten sich nach ihrer Konfirmation ehrenamtlich engagieren. Laut Studie ist ein solches Engagement besonders attraktiv, wenn die Jugendlichen sich als Mitgestaltende erleben. Ehrenamtliche Teamer:innen spielen hierbei eine Schlüsselrolle – die Studie empfiehlt, deren Arbeit stärker zu würdigen und auszubauen. "Da, wo es gut läuft, sind es oft sogenannte Trainee-Angebote, die Jugendliche interessieren und mit denen sie direkt eine Mitarbeit aufnehmen als Teamer. Das kann sicher noch ausgebaut werden", unterstreicht der Theologe und Ludwigsburger Professor für Gemeindepädagogik, Wolfgang Ilg gegenüber dem epd.
  3. Erlebnisorientierung: Konfi-Camps und Freizeiten über mehrere Tage fördern die Bindung zur Kirche nachhaltig. Laut Studie zeigen Jugendliche, die solche Erfahrungen machen, ein doppelt so hohes Interesse, den Kontakt zur Kirche zu halten. Erlebnisse wie Übernachtungen, Ausflüge und gemeinsame Aktionen bereichern die Konfi-Zeit und schaffen bleibende Erinnerungen. Auch Spaß ist ein zentraler Qualitätsfaktor: Wer Spaß hatte, schätzt die Relevanz der Konfi-Arbeit für Glauben und Alltag höher ein.
  4. Bedeutung Hauptamtlicher für positive Erfahrung: Die Studie verdeutlicht, dass die Qualität und das Engagement der hauptamtlichen Mitarbeitenden entscheidend dafür sind, wie positiv die Konfi-Zeit von den Jugendlichen wahrgenommen wird.
  5. Gemeinschaftsfördernder Aspekt digitaler Kommunikation: Konfis erwarten Gemeinschaft, Spaß und unmittelbare Wechselwirkung. Digitale Medien können dazu beitragen, stehen aber nicht im Vordergrund. Entscheidend ist allerdings der Einsatz Sozialer Medien für die Gruppenkommunikation. Wurde sie genutzt, haben sie sich deutlich häufiger mit den anderen verbunden gefühlt als Jugendliche aus Gemeinden mit einem geringen oder mittleren Einsatz Sozialer Medien. Möglicherweise bietet die Gruppenkommunikation die Chance, Kontakte auch nach der Konfirmation zu pflegen, auch im Rahmen des Mitglieder-Bindungsprojektes "Philippus".

Herausfordernde Bedingungen

Eine zentrale Herausforderung bleibt der „Partizipationsabbruch“ nach der Konfirmation.  Er hängt auch mit den Lebensumständen junger Menschen zusammen, die vom Übergang von Schule über Ausbildung oder Studium bis hin zum Berufsleben und der Familiengründung bestimmt sind:

  • Zeit als knappe Ressource: Eltern berichten häufig von den organisatorischen Herausforderungen, die sich während der Konfi-Zeit durch die Treffen der Konfi-Gruppe ergeben. Da der Zeitdruck für Jugendliche auch nach der Konfi-Zeit bestehen bleibt, kann er eine wichtige Rolle bei der weiteren Beteiligung an kirchlichen Angeboten spielen.
  • Wachsende Glaubens-Zweifel: Viele Jugendliche verlieren nach der Konfirmation den Eindruck, dass die Kirche Antworten auf zentrale Lebensfragen bietet. Während 30 Prozent der 16-Jährigen diese Meinung vertreten, steigt der Wert bei 21-Jährigen auf 47 Prozent. Besonders stark verliert der Glaube an Gott an Zustimmung. Gleichzeitig bleibt die positive Erinnerung an die Konfi-Zeit erhalten.
  • Wohnortwechsel: Der Umzug für Studium und Beruf, die erste eigene Wohung fallen ebenfalls in diese Lebensphase. Die Frage ist zu prüfen, inwieweit an diesem Punkt der Kontakt zur ehemaligen Konfigruppe, bzw. Kirchengemeinde abbricht und welche Alternativen stärker ins Bewusstsein gerückt werden könnten.

Treffen mit ehemaligen Konfis früher planen

Der Übergang von der Jugend ins junge Erwachsenenalter ist eine herausfordernde Entwicklungsaufgabe. Die Frage bleibt, wie die Kirche diesen wichtigen Lebensabschnitt mit Kontaktpflege, stimmiger Unterstützung und sinnerfüllten Angeboten begleiten oder diese ausbauen kann. Eventuell eröffnet sich die Chance, die religiöse Entwicklung anhand passender, tiefer gehender Glaubensimpulse zu neu gewonnenen Lebenerfahrungen zu stärken. Gemeindepädagogik-Professor Ilg fragt sich auch, "warum Kirchengemeinden nicht schon nach fünf oder zehn Jahren dazu einladen, mal zu erzählen, was das Leben seit der Konfirmation gebracht hat, ähnlich wie bei der goldenen Konfirmation nach 50 Jahren." Denn so sei die erste Nachricht, die man im Erwachsenenalter von der Kirche bekomme, oft der Abzug der Kirchensteuer auf dem Gehaltszettel. Ilg betont: "Das ist zu wenig, wenn die Kirche wirklich attraktiv und lebensnah sein will."

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