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Was hilft bei starker Prüfungsangst?
veröffentlicht 10.09.2024
von Online-Redaktion der EKHN, EvB
Die Prüfungszeit beginnt an einigen Unis am 15.07.2024. Was hilft Studierenden, die von Prüfungsangst betroffen sind? Studierendenpfarrerin Dr. Kerstin Söderblom gibt Tipps.
„Die Hände schwitzen, man zittert, die Stimme bricht und alles, was man gelernt hat, ist in der Prüfungssituation komplett weg“, beschreibt Studierendenpfarrerin Dr. Kerstin Söderblom die typischen Symptome von Prüfungsangst. „Es ist eine Kombination von körperlichen Reaktionen.“ Vor Anspannung hochgezogene Schultern und Kurzatmigkeit gehören ebenfalls dazu.
Beratung gehört zu den Angeboten der Studierendengemeinden
Wem das bekannt vorkommt, der kann sich unabhängig von Religion oder Geschlecht an die Pfarrer und Pfarrerinnen der Evangelischen Studierendengemeinden (ESG) wenden. Hier gibt es neben Andachten und Gottesdiensten auch offene Beratungsangebote für Studierende. „Wir sind ein safe space, neutral, unabhängig von der Hochschule und wir unterliegen der Schweigepflicht, “ betont Söderblom. Trotzdem arbeiten die Hochschulpfarrer mit den universitären Beratungsstellen zusammen und können bei speziellen Probleme weitervermitteln.
Prüfungsangst lässt sich meist in den Griff bekommen
Etwa 12 Prozent der Studierenden kommen laut Söderblom wegen Prüfungsangst in die Beratung, unabhängig von Geschlecht, Alter oder Herkunft. „Leute aus bildungsaffinen Schichten haben häufig große Angst vor Bewertung. Das hat oft mit Leistungsdruck zu tun, der auch von den Eltern kommt. Leute aus bildungsfernen Schichten fragen sich eher, wie sie das überhaupt schaffen sollen“, berichtet sie. „Wer zu uns kommt, hat schon den ersten Schritt gemacht.“ Denn in den meisten Fällen lässt sich die Prüfungsangst in den Griff kriegen.
Tipps gegen Prüfungsangst
1. Gute Vorbereitung und Zeitmanagement mit Pausen
Grundsätzlich empfiehlt die ausgebildete Supervisorin Söderblom, sich gut und gezielt vorzubereiten. Außerdem sollte man auf eine geregelte Tagesstruktur, Bewegung und gesundes Essen achten. „Zeitmanagement ist ganz wichtig. Dabei sollte man auch Pausen und Essenszeiten einplanen, mal an die frische Luft gehen und das tun, was einem gut tut. Bei dem einen ist es Musik, bei dem anderen Stille und bei dem Dritten Rad fahren.“ Und auch soziale Kontakte gehörten zu den Ressourcen, Lerngruppen könne man vielleicht auch digital fortführen.
2. Best case und worst case-Szenarien durchdenken
„Was ist das Schlimmste, was passieren kann?“ fragt die Studierendenfarrerin in einem Gedankenspiel. „Die meisten kann man damit erden und ihnen so helfen, aus der Angst auszusteigen.“
Auf der anderen Seite empfiehlt sie, sich auch die Traumprüfung vorzustellen, das best case szenario: „Was ist das beste, das passieren kann und wie ist es mir gelungen, dahin zu kommen?“ Das aktiviert eigene Ressourcen. Gemeinsam mit den Studierenden arbeitet sie an Bewertungskategorien. „Muss es immer eine Eins sein oder reicht auch ein Bestanden?“ Das helfe in den meisten Fällen.
Wenn jemand jedoch gar kein Licht am Ende des Tunnels sehe, überweise sie ihn oder sie an die psychotherapeutischen Beratungsstellen der Universitäten, die für Studierende kostenlos sind.
Kurz vor der Prüfung: Notfallkoffer packen
Kurz vor der Prüfung rät Söderblom, einen Notfallkoffer zu packen, den man in der Prüfung dabei hat. Darin sollten folgende Dinge sein: Tee oder Wasser, eine Postkarte oder ein Foto und etwas, das eine schöne Erinnerung weckt, etwa ein Stein oder eine Muschel vom letzten Urlaub, ein Glücksbringer oder ein kleiner Schutzengel, eventuell auch ein paar Süßigkeiten.
Während der Prüfung: Atemübungen und pragmatisches Vorgehen
Unmittelbarer vor der Prüfung sollte man tief und ruhig einatmen und ausatmen. „Man kann auch das Vaterunser sagen, wenn man religiös ist“, sagt die Hochschulpfarrerin. „Übers Gebet und über Atemübungen ganz bei sich sein, lösungsorientiert und pragmatisch rangehen, und dann Augen zu und durch!“ Bei schriftlichen Prüfungen erst die Fragen durchlesen, dann zuerst die leichten beantworten und die schwierigen Fragen für den Schluss aufheben.
Was tun beim Blackout in der Prüfung?
Wenn der Atem rast und der Kopf wie leergefegt ist, rät Söderblom zu einer körperlichen und geistigen Unterbrechung. „Manchmal hilft es, kurz an die frische Luft zu gehen, um das limbische System wieder auf Trab zu bringen.“ Dabei könne es auch helfen, sich ans Fenster zu stellen oder etwas zu trinken. „Wir nehmen die vor Anspannung hochgezogenen Schultern runter, legen die Hand aufs Zwerchfell und atmen tief ein und aus.“
Und: „Wenn man in einer mündlichen Prüfung einen Blackout hat, sollte man aufstehen und es dem Professor sagen. Das hilft meistens schon. Man ist außer sich und nicht in der Lage etwas abzurufen. Zuerst muss man sich erden und wieder bei sich ankommen.“
Wie kann mir der Glaube in einer Prüfung helfen?
„Manchen hilft ein Vaterunser oder ein anderes Gebet, um die Resilienz zu stärken und sich zu erden“, erklärt die Hochschulpfarrerin. „Gläubige Menschen haben dann das Gefühl, dass sie nicht alleine sind und dass sie unterstützt werden.“ Beten sei eine Selbststärkung und unterstütze sie dabei, den Alltag alleine zu bewältigen. „Gebete können eine wichtige Hilfe sein.“
Wo finden Studierende Hilfe?
Die Evangelischen Studierenden-Gemeinden (ESG) sind für die Sorgen der Studierenden da, vor Ort und digital. Auch die Katholischen Hochschul-Gemeinden (KHG), die kostenlosen psychosozialen Beratungsstellen der Universitäten oder die Beratungsstellen der Studentenwerke können helfen. Wer sich lieber von anderen Studierenden beraten lassen möchte, kann seinen AStA (Allgemeiner Studierenden-Ausschuss) kontaktieren.
Evangelische Studierenden-Gemeinden (ESG)
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