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Wohnungssicherung: Wohnungskündigung erhalten – was nun?
veröffentlicht 12.09.2024
von Rita Haering
Wer ein Brief des Vermieters mit einer Wohnungskündigung wegen Eigenbedarf oder Mietrückständen erhält, erlebt oft einen Schock. Aber mit diesem Problem sind Betroffene nicht auf sich allein gestellt. Die Fachstellen für Wohnungssicherung und der Mieterbund sind erste Anlaufstellen.
Die Ursachen, weshalb Menschen in die Gefahr geraten ihre Wohnung zu verlieren, sind ganz unterschiedlich. Der häufigste Grund weshalb wohnungslose Menschen keine Wohnung mehr haben, ist laut Statista mit über 30 Prozent eine Kündigung durch den Vermieter. Nicole Frölich, Bereichsleiterin der Wohnungsnotfallhilfe der Regionalen Diakonie Darmstadt-Dieburg erlebt, dass immer mehr Menschen von Eigenbedarfskündigungen berichten. Aber auch Mietrückstände seien eine häufige Ursache für den Verlust einer Wohnung. Oft ist der drohende Verlust einer Wohnung die Spitze eines Eisberges, unter dem sich mehrere schwierige Lebensumstände wie Trennung, Jobverlust und dramatische Einzelschicksale zusammengeballt haben. Für diese unterschiedlichen Belastungen bieten die Beratenden der Regionalen Diakonie die passenden Hilfen an oder können sie vermitteln.
Wer eine Wohnungskündigung erhält, ist meist schockiert. Nicole Frölich rät, sich so schnell wie möglich Unterstützung zu suchen.
Empfehlungen nach dem Erhalt einer Wohnungskündigung:
1. Klären, ob die Kündigung rechtlich korrekt ist:
Dafür können sich Betroffene an den Mieterbund wenden. Fachanwälte, die sich auf Mietrecht spezialisiert haben, unterstützen bei der Klärung, ob die Kündigung juristisch gültig ist: Wurden die Fristen eingehalten? Gab es vor einer fristlosen Kündigung eine Abmahnung oder gibt es Mietrückstände? Sind die Gründe für die Kündigung rechtlich einwandfrei?
Eine Mitgliedschaft im Mieterbund wird auch für einen günstigen Sozialtarif angeboten. Lange Wege müssen nicht für einen Beratungstermin zurückgelegt werden, da oft Telefon- und Videokonferenz-Beratung angeboten wird. Eine Alternative zum Mieterbund ist, rechtzeitig eine Rechtsschutzversicherung (die Mietrecht abdeckt) abzuschließen und einen Fachanwalt für Mietrecht zu beauftragen.
zum Mieterbund
2. Umgang mit dem Vermieter klären:
Während der juristischen Beratung sollte auch abgesprochen werden, ob und wie mit dem Vermieter eventuell noch verhandelt und gesprochen werden kann. Möglicherweise kann das Mietverhältnis doch weiter bestehen bleiben oder zumindest kann die Frist für den Auszug verlängert werden. Ansprechpartner beim Mieterbund können Kommunikations-Tipps mit dem Vermieter geben.
3. Klären, welche Hilfen zur Verfügung stehen:
Hier sind die „Fachstellen für Wohnungssicherung“ oder die „Fachstellen für Wohnungsnotfälle“ im Landkreis oder der Stadt gute Anlaufstellen.
Die Beratenden sind mit anderen sozialen Anbietern gut vernetzt und können Betroffenen weitere Unterstützungsmöglichkeiten nennen. Sie helfen auch dabei, den Inhalt schwer verständliche formulierter amtlicher Briefe nachvollziehbar zu vermitteln.
Die Träger der Wohnungssicherungsberatung sind unterschiedliche Wohlfahrtsverbände wie die Diakonie, Caritas oder Paritätische Wohlfahrtsverband. Um sie zu finden, am besten in die Internet-Suchmaschine „Fachstelle Wohnungssicherung + Name der Stadt oder des Landkreises“ eingeben.
Auch die Regionale Diakonie in Hessen-Nassau bietet Beratung zur Wohnungssicherung an, was zu ihrem Auftrag gehört. Oft ist der drohende Wohnungsverlust mit weiteren problematischen Lebenslagen wie einer Scheidung oder Schicksalsschlägen verbunden. Passende Hilfen kennen die Beratenden der Regionalen Diakonie.
Beratung durch die Regionale Diakonie
4. Verhandeln mit dem Vermieter:
Möglicherweise kann die Kündigung zurückgenommen werden, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt werden, z.B. Mietrückstände nachgezahlt werden. Für die Zahlung kann man sich an das Sozialamt wenden. Möglicherweise ist der Vermieter auch bereit, die Frist für den Auszug zu verlängern. Im direkten Kontakt sollte man vorsichtig damit sein, spontanen Angebote oder Zusagen zu machen oder Unterschriften zu tätigen. Hier kann sich für das Entgegenkommen bedankt werden und um einen neuen Termin gebeten werden. Folgenreiche Entscheidungen sollten besser nach Absprache mit einer juristischen oder sozialen Beratung erfolgen. Möglicherweise kann die Verhandlung mit dem Vermieter auch an einen Fachanwalt übertragen werden.
Der Weg zu einer neuen, bezahlbaren Wohnung
Möglicherweise ist die Kündigung der Wohnung rechtlich einwandfrei. Dann geht es darum, eine neue, bezahlbare Wohnung zu finden. Für Menschen mit niedrigem und mittlerem Einkommen oder für diejenigen, die Bürgergeld beziehen, kann das zu einer Herausforderung werden. Wer Bürgergeld, Sozialhilfe oder zum Erwerbseinkommen ergänzendes Bürgergeld bekommt, kann eine Sozialwohnung beantragen. Dafür muss allerdings ein Nachweis vorgelegt werden, dass Sozialleistungen bezogen werden. Auch Personen und Familien mit einem geringen oder mittleren Einkommen können geförderten Wohnraum in einigen Städten und Kommunen nutzen. Dafür wird ein Wohnraumberechtigungsschein benötigt. Für Menschen mit niedrigem oder mittlerem Einkommen ist der Gang zum Amt auf jeden Fall empfehlenswert, um beispielsweise prüfen zu lassen, ob eine Anspruch auf staatliche Hilfen besteht. So gibt es eventuell auch die Möglichkeit, Wohngeld zu beziehen. Neben den üblichen Online-Portalen zur Wohnungssuche, sind diese Anlaufstellen hilfreich:
- Amt für Wohnungswesen des Rathauses vor Ort: Die Mitarbeitenden kennen die geförderten Wohnungen vor Ort. Wer eine Sozialwohnung sucht, kann hier sein Interesse anmelden. Allerdings gibt es oft Wartelisten. Dennoch lohnt der Kontakt, denn es gibt es hier auch weitere Empfehlungen, Informationen zum Wohngeld und vieles andere.
- Kommunale Wohnungsbaugesellschaften: Bereits online kann hier nach günstigen und geförderten Wohnungs-Angeboten gesucht werden. Um die Wohnungsbaugesellschaft am gewünschten Wohnort zu finden, am besten in die Internetsuchmaschine „Wohnungsbaugesellschaft + Name der Stadt/des Ortes“ eingeben.
Wenn das Angebot an günstigen Wohnungen knapp ist, kann es einige Zeit dauern, bis eine neues Zuhause gefunden wird. Wenn in dieser Zeit die Gefahr besteht wohnungslos zu werden, helfen die Beratungsstellen der Regionalen Diakonie, die im Ernstfall auch Notunterkünfte bereitstellen.
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