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Mehri Farzan

© Susanne Schmidt-Lüer

Mehri Farzan leitet das Housing First der Diakonie Frankfurt und Offenbach

Housing First: Chance für Frauen mit Kindern aus Wohnungslosen-Notunterkünften

veröffentlicht 28.04.2025

von Susanne Schmidt-Lüer / Online-Redaktion der EKHN

Über die Hälfte der wohnungslosen Menschen in Notunterkünften sind Familien mit Kindern. Für die Jüngsten bedeuten diese Unterbringungen oft Unsicherheit und fehlende Entwicklungsmöglichkeiten. Mit „Housing First“ bietet die Diakonie Frankfurt in Zeilsheim Müttern und ihren Kindern eine neue Perspektive.

In Unterkünften für Wohnungslose leben inzwischen 51 % Paaren und Alleinerziehenden mit Kindern in Deutschland. Vor allem für Kinder und Jugendliche ist die Situation problematisch, so können sie mit betrunkenen Bewohnern, Streitereien und Platzmangel konfrontiert sein, zudem fehlen Spielmöglichkeiten. Die Maßnahme „Housing First“ der Diakonie Frankfurt und Offenbach schafft Abhilfe. In den „Housing-First“-Wohnungen finden seit Herbst 2024 auch Mütter mit Kindern einen Platz, beispielsweise Aysan Rajabi (Name geändert) und ihr Sohn.

Große Freude über Wohnmöglichkeit

„Ich küsse den Boden in der Wohnung und danke, dass ich sie habe, sie ist für mich wie ein neues Leben“, sagt Aysan Rajabi. Ende Januar ist die 34-Jährige nach Zeilsheim gezogen, in eine der 28 Wohnungen im Housing First der Diakonie Frankfurt und Offenbach. Aysan Rajabis Sohn kann jetzt zu Fuß in die Grundschule laufen, ein jahrelanges Hin- und Hergerissen sein endet für die kleine Familie.

Obdachlosen-Unterkunft – kein Ort für Frauen und Kinder

An diesem Frühlingsmorgen sitzt Aysan Rajabi, die mit 22 Jahren aus dem Iran kam, im Housing-First-Büro der Diakonie in Sossenheim. Immer wieder steigen ihr Tränen in die Augen. Vor Freude, wenn sie über die neue Wohnung spricht. Vor Erschöpfung und Trauer, wenn sie sich an die vier Jahre davor in einer Notunterkunft erinnert. „Dort lebten Männer, die manchmal viel getrunken haben, ich habe mich nicht sicher gefühlt und konnte meinen Sohn dort auch nicht bei mir haben.“ Vier Jahre pendelte Rajabi jeden Tag in die Wohnung ihres Ex-Mannes, um dort für ihren Sohn zu kochen und mit ihm zu spielen, obwohl sie sich von ihrem Mann getrennt hatte.  „Das war sehr schlimm, mein Sohn hat geweint, wenn ich abends ging.“

„Housing First“ bietet neue Perspektiven

In der Wohnung der GWH Wohnungsgesellschaft mbH Hessen, die seit 2021 mit der Diakonie im ersten Frankfurter Housing First stadtweit kooperiert, ist Aysan Rajabi „sehr glücklich“. Jetzt möchte sie genießen, dass sie wieder mit ihrem Kind zusammenleben kann. Sie wird sich auch weitere Beratung suchen, mit Mehri Farzan an ihrer Seite. Die Leiterin des Sozialdienstes Wohnen und Betreuen der Diakonie stammt selbst aus dem Iran und kam zum Studieren nach Deutschland. Mehri Farzan ist froh, im Housing First in Kooperation mit der GWH nun auch Wohnungen für Mütter mit Kindern anbieten zu können: „Ich habe die Problematik geschildert und nun gibt es eine Lösung.“

Sozialberatung für Bewohner:innen von „Housing First“: Schritt für Schritt in ein geregeltes Leben

Die Begleitung durch die Sozialarbeit im Housing First wird von der Stadt Frankfurt sowie aus Kirchensteuermitteln finanziert. Sozialarbeit ist wichtig, denn Menschen, die aus einer Notunterkunft oder vom Leben auf der Straße in eine Wohnung des Housing First ziehen, brauchen meist mehr als eine Bleibe. Aysan Rajabi fehlte ein Pass, eine Aufenthaltserlaubnis und sie erhielt keine Leistungen vom Jobcenter. „Wir haben so oft an Behörden geschrieben“, sagt Mehri Farzan und die Augen der jungen Frau füllen sich wieder mit Tränen. „Frau Farzan ist wie ein Engel in meinem Leben“, sagt Aysan Rajabi. 

Inzwischen besitzt sie eine sechs Monate währende Aufenthaltsbefugnis, ihr Pass ist beantragt, Leistungen vom Jobcenter fließen. „Jetzt kann Frau Rajabi überlegen, wo sie steht und wie es für sie weitergeht“, sagt Mehri Farzan. Mehr Deutsch lernen ist einer der künftigen Schritte. Doch zuerst geht es darum, nach Jahren der Zerrissenheit innerlich ruhiger zu werden. Und die 34-Jährige wünscht sich, dass auch andere Frauen, die mit ihren Kindern in Notunterkünften leben, eine Chance auf eine Wohnung erhalten.

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