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Strategien zur Stressbewältigung in der modernen Arbeitswelt
veröffentlicht 24.09.2024
von Jakob Dettmar / Online-Redaktion der EKHN
Stress, Druck und das Gefühl, nicht alles geschafft zu haben: Die Herausforderungen der digitalen Arbeitswelt betreffen immer mehr Menschen. Das IPOS der EKHN bietet praxiserprobte Empfehlungen zur Stressbewältigung und unterstützt Arbeitnehmer und Arbeitgeber dabei, gesunde Arbeitsbedingungen zu schaffen.
In der heutigen digitalen Arbeitswelt, in der Smartphone, E-Mail, soziale Medien und Cloud-Dienste allgegenwärtig sind, haben sich die Reaktionszeiten stark verkürzt. Trotz der offensichtlichen Vorteile dieser Technologien kann der schnelle Kommunikationsfluss oft zu Stress und Überforderung führen. Dies spürt auch das Institut für Personalberatung, Organisationsentwicklung und Supervision (IPOS) der EKHN, das sowohl von Arbeitnehmern als auch Arbeitgebern aus unterschiedlichsten Branchen – von der Kirche bis zur freien Wirtschaft – aufgesucht wird.
Fachkräftemangen und Multitastik als Stressoren
Ein zentraler Aspekt ist der zunehmende Personalmangel, der durch immer schnellere Arbeitsprozesse zusätzlich verschärft wird. Die Mitarbeitenden des IPOS berichten nicht nur von steigenden Erwartungen, sondern auch von der daraus resultierenden Belastung. Beispielsweise kann eine E-Mail am Morgen, die eine sofortige Antwort erwartet, enormen Druck erzeugen. Neben den regulären Aufgaben führt dies zu Multitasking: Rechnungen schreiben, E-Mails checken und Telefonate führen – all das gleichzeitig. Diese Unterbrechungen erschweren die Konzentration und wirken belastend, wenn diese Situation über einen längeren Zeitraum andauert.
Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wird es immer schwieriger, sich voll und ganz auf eine Aufgabe zu konzentrieren, ohne dass ständige Ablenkungen die Produktivität beeinträchtigen. Die Kunst besteht darin, Strategien zu entwickeln, um diesen Herausforderungen zu begegnen und langfristig einen gesunden Arbeitsalltag zu gestalten. Hierbei bietet das IPOS hilfreiche Tipps.
Sechs Tipps für mehr Gelassenheit im Job
Tipp 1: Schnelle Kommunikation nutzen
Der erste, einfache Tipp: Die schnelle Kommunikation mit ihren eigenen Waffen schlagen. „Es ist ein großer Vorteil der neuen Medien, sich schneller auszutauschen und präziser nachfragen zu können. Man kann so eine Sache in zwei Tagen vom Tisch haben“ – und damit auch aus dem Kopf. Und nicht bei alle Aufgaben und Informationen ist es sinnvoll, sie selbst zu erledigen - ruhig auch mal delegieren.
Tipp 2: Die Woche planen
Kurz bevor man sich am Freitag nach Hause aufs Sofa und ins Wochenende stürzt, sollte man sich doch noch eine halbe Stunde nehmen: Welche Aufgaben muss ich nächste Woche erledigen? Welche Telefonate führen? Welche Termine stehen an? Und vor allem: Wann will ich das alles tun? Dann am besten Gleiches zu Gleichem: Zum Beispiel montags alle Telefonate hintereinander führen, dann ist am Dienstag Ruhe zum arbeiten da - und das Telefon stört nicht die ganze Zeit.
Tipp 3: E-Mail-Zeiten
Auch wenn das Gefühl oft entsteht: In 95 Prozent der Fälle muss man nicht direkt auf eine Mail reagieren. Besser: Sich einen festen Rhythmus geben - Mails checken ist zum Beispiel nur morgens, nach der Mittagspause und vor dem Feierabend dran. Das Aufblinken für neue Mails sollte am besten ausgeschaltet sein, so erliegt man der Versuchung nicht mehr. Während der Mail-Zeiten dann nach dem Subito-Prinzip arbeiten: Was sich sofort erledigen lässt, lieber nicht aufschieben. Es ist ein cleveres Prinzip, kleine Aufgaben sofort zu bearbeiten und die Sachen vom Tisch zu haben. Nach Bauz kann man die Mails grob in drei Kategorien einteilen: ein Drittel kann sofort in den Papierkorb, das zweite Drittel verlangt nur eine kurze Antwort und ein letztes Drittel muss richtig bearbeitet werden. Diese Mails lassen sich einfach wie Aufgaben in den Tagesplan einplanen.
Tipp 4: Vertretung organisieren
Wenn man Ruhe braucht, einfach mal einen Kollegen bitten: Kannst du nicht für eine Stunde Telefon, E-Mail und Handy übernehmen? Der Kopf ist frei für wichtige Aufgaben und trotzdem muss man sich keine Sorgen machen, dass dringende Anfragen untergehen. Der oder die Mitarbeiende schützt sich in dieser Zeit, dann ist sie oder er in 60 Minuten eben nicht erreichbar.
Tipp 5: Absprachen
Neue Verhaltensweisen lassen sich nicht nicht allein verändern. Das kann nur funktionieren, wenn man es abspricht. Erste Adresse: die Kollegen. Wenn das Gegenüber weiß, dass man gelassener an die Arbeit herangehen will, ist das Verständnis vermutlich größer. Manchmal muss ausgehandelt werden: Wie willst du das machen? Wenn die Typen unterschiedlich sind, sollte die jeweiligen Stärken ausgespielt werden. Noch dazu kommt: Wenn sechs Leute in einer Abteilung sagen, dass sie ruhiger mit Anforderungen umgehen wollen, wird es ihnen leichter fallen, in einer Dienstbesprechung den Chef zu überzeugen. Der Mensch braucht einen Rhythmus von Arbeit und Entspannung, nur dann kann er auch leistungsfähig und innovativ sein. Das überzeugt letztlich Chefs. Die stehen zwar unter Druck und wollen vieles oft zeitnah, aber sie sind auch an mittel- und langfristigen Perspektiven interessiert. Im Zweifelsfall kann auch die Berufsgenossenschaft, Krankenkasse oder Rentenversicherung mit Hilfe zur Seite stehen, denn diese müssen für die Folgen des Stresses zahlen – und zu viel Stress macht krank. Und auch die Wissenschaft kann helfen: Empfehlenswert ist die „Initiative Neue Qualität der Arbeit“. Hier gibt es verschiedenste Broschüre zum Thema, die Bestellung ist sogar kostenlos. „Die kann man dann dem Chef auf den Tisch legen und sagen: Ich habe mich informiert, schau mal, das sind heute die Erkentnisse der modernen Arbeitswissenschaft“.
Tipp 6: Bewegung
Ein einfacher und bodenständiger Tipp ist ebenfalls wirksam: Wenn jemand merkt, dass es zu stressig wird, hilft ein Spaziergang um den Block. Dann hält man sich zudem eine Viertelstunde lang woanders auf, sieht etwas anderes und schafft damit etwas Abstand.
Welcher Lösungsansatz passt zu meinem Typ und meiner inneren Haltung?
Jeder, der ein Unbehagen spürt, könnte etwas ändern. Wichtig ist dann zu fragen: Weiß ich, welche Methoden es gibt, den Arbeitsalltag zu ent-stressen? Leuchten die mir ein? Und will ich es ausprobieren? Da Menschen einzigartig sind, können auch unterschiedliche Lösungsansätze stimmig sein - je nach Typ. Zunächst ist es also sinnvoll, sich über die eigene Arbeitsweise klarer zu werden. auch die Haltung macht einen Unterschied: Wie stark möchte ich mich dem Leistungsdruck beugen? Gelassenheit und Selbstakzeptanz sind letztendlich tragfähiger, als an Erfolg zu denken. Dabei besteht eine Verbindung zum evangelischen Glauben: Laut Bibel ist uns von Gott zugesagt, dass wir keine Leistung zeigen müssen, um als Mensch wertvoll zu sein. Gott liebt jeden Menschen bedingungslos. Das dürfen wir auch leben. Es gilt, uns diese Zusage immer bewusst zu machen.
Institut für Personalberatung, Organisationsentwicklung und Supervision in der EKHN
Leiter Pfarrer Dr. Christopher Scholtz
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