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Asylpolitik: Erdbebenopfer, Kinder und queere Flüchtlinge besser schützen
veröffentlicht 28.04.2023
von Rita Haering
EKHN-Synode fordert von politisch Verantwortlichen, sich für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge stärker in den Blick zu nehmen.
Hinweis auf EU-Verpflichtung
So stelle die Europäische Union in ihrer Aufnahmerichtlinie fest, dass für manche Personengruppen besonderer Schutzbedarf bestehe, heißt es in der Erklärung. Sie verpflichte die EU-Mitgliedsstaaten dazu, die jeweils besonderen Bedürfnisse dieser Personen im Asylverfahren, in der Unterbringung und im Bereich der materiellen und medizinischen Leistungen zu berücksichtigen. Kirche und Diakonie müssten sich aus ihrer Glaubensüberzeugung heraus in besonderer Weise für diejenigen einsetzen, „die nicht nur verletzlich sind, sondern ganz aktuell verletzt werden; für die, denen Menschenrechte vorenthalten werden und deren Würde angetastet wird“, heißt es in der Erklärung.Hintergrund: Hilfe für Flüchtlinge
Die hessen-nassauische Kirche hat sich seit 2015 mit über 20 Millionen Euro in der Flüchtlingshilfe engagiert. Dazu gehören gemeinsam mit der Diakonie rund 60 professionelle Beratungsstellen in Hessen und Rheinland-Pfalz. Sie sind unter anderem in der Verfahrensberatung in den Erstaufnahmeeinrichtungen in Gießen, Büdingen und Ingelheim angesiedelt aber auch in unabhängigen regionale Flüchtlingsberatungsstellen von 19 der 26 hessischen Gebietskörperschaften. Außerdem werden im evangelischen Zentrum für Beratung und Therapie in Frankfurt traumatisierte Flüchtlinge unterstützt. Hilfe leisten Kirche und Diakonie auch bei der Beratung Geflüchteter in der Abschiebungshaft in Darmstadt und Ingelheim sowie am Flughafen Frankfurt.Dokumentation
Die Dreizehnte Kirchensynode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau möge beschließen: Erklärung der 13. Kirchensynode der EKHN auf ihrer 3. Tagung (27.-29.4.2023 in Frankfurt am Main) Besondere Aufmerksamkeit für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge Angesichts der aktuellen Fluchtbewegungen und der flüchtlingspolitischen Debatten appelliert die Synode der EKHN, besonders schutzbedürftigen Menschen besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Die Europäische Union stellt in der Aufnahmerichtlinie fest, dass für manche Personengruppen besonderer Schutzbedarf besteht. Sie verpflichtet die EU-Mitgliedsstaaten dazu, die jeweils besonderen Bedürfnisse dieser Personen im Asylverfahren, in der Unterbringung und im Bereich der materiellen und medizinischen Leistungen zu berücksichtigen. In Erinnerung daran erklärt die Synode: Verletzlich und verwundbar sind wir alle. Das haben wir als Christinnen und Christen, deren Glauben in einem schutzlosen Kind im Futtertrog seinen Ursprung hat, in besonderer Weise vor Augen und in unseren Herzen. Wir glauben, dass nicht ein Held das Ebenbild Gottes ist, sondern das vulnerable Menschenkind. Als Kirche und Diakonie setzen wir uns deshalb in besonderer Weise für diejenigen ein, die nicht nur verletzlich sind, sondern ganz aktuell verletzt werden; für die, denen Menschenrechte vorenthalten werden und deren Würde angetastet wird. Das sind aus Sicht der Synode aktuell insbesondere- asylsuchende Kinder, die aktuell etwa 30% aller Asylsuchenden in Deutschland ausmachen
- Familien auf der Flucht
- Menschen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung verfolgt werden und auch in
- Deutschland nicht sicher vor Diskriminierung und Gewalt sind
- Menschen, die vor oder während der Flucht misshandelt und traumatisiert wurden
- die Kinder, Frauen, Männer, die sich wegen fehlender regulärer und sicherer Fluchtwege
- in oft untaugliche Boote setzen
- die Opfer des verheerenden Erdbebens in der Türkei und in Syrien.
- Bei jedem einzelnen asylsuchenden Kind ist zu prüfen, welche Maßnahmen dem Wohl und den Interessen des Kindes am meisten entsprechen. Insbesondere müssen sie von Anfang an kindgerecht untergebracht werden und Zugang zu Bildung in einer regulären Schule erhalten. Im Blick auf traumatische Erfahrungen, die viele diese Kinder vor und auf der Flucht gemacht haben, sind spezielle Angebote psychosozialer Versorgung für sie vorzuhalten.
- Familien, die immer wieder durch Aufnahmebedingungen wie z.B. eine Wohnsitzauflage oder durch Abschiebungen getrennt werden, müssen praktisch unter den in Artikel 6 Grundgesetz festgeschriebenen besonderen Schutz von Ehe und Familie gestellt werden.
- Für Menschen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung verfolgt oder diskriminiert werden bedarf es insbesondere in Sammelunterkünften wirksamer Gewaltschutzkonzepte und entsprechender Schulungen von Mitarbeitenden. In den Kommunen sollten mehr Unterkünfte speziell für LGBTQIA+ - Geflüchtete geschaffen werden sowie Beratungs- und Begegnungsangebote, die sie dabei unterstützen, hier selbstbestimmt zu leben.
- Für Menschen, die durch ihre Erlebnisse vor der Flucht, immer öfter aber auch während der Flucht wie Misshandlungen, völkerrechtswidrige Zurückweisungen, Erpressungen und anderes mehr traumatisiert sind, müssen so schnell wie möglich reguläre und sichere Fluchtwege geschaffen werden sowie niedrigschwellige Aufnahmeprogramme, die besonders Schutzbedürftige auch tatsächlich erreichen können. Außerdem bedarf es einer lückenlosen, bedarfsgerechten und professionellen psychosozialen Versorgung hier angekommener traumatisierter Geflüchteter.
- 25.000 Tote wurden in den letzten 10 Jahren auf dem Mittelmeer registriert, Kinder, Frauen und Männer, die sich wegen fehlender regulärer und sicherer Fluchtwege in oft untaugliche Boote gesetzt und ihr Leben auf dem Mittelmeer verloren haben. Statt angesichts dessen die Seenotrettung zivilgesellschaftlicher Organisationen immer stärker zu behindern und zu kriminalisieren, muss umgehend eine staatliche Seenotrettung auf europäischer Ebene organisiert werden.
- Die Opfer des verheerenden Erdbebens in der Türkei und in Syrien und unter diesen insbesondere die Geflüchteten, die in Nordsyrien bereits vor dem Erdbeben in menschenunwürdigen Zuständen leben mussten, brauchen dringend unsere Hilfe und Unterstützung. Ein erster wichtiger Schritt dazu ist, dass Menschen aus diesen Katstrophengebieten jetzt die visumsfreie Einreise zu ihren in Hessen und Rheinland-Pfalz lebenden Familienangehörigen ermöglicht wird.
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