Einmalig in Deutschland: Studierter Jurist und Theologe leitet Kirchenverwaltung
veröffentlicht 19.03.2023
von Peter Bernecker
Lars Esterhaus folgt Heinz Thomas Striegler als Leiter der EKHN-Kirchenverwaltung.
Von der Hochschule in die Kirchenverwaltung
Die hessen-nassauische Kirchensynode wählte Lars Esterhaus im November 2022 mit großer Mehrheit zum neuen Leiter der EKHN-Kirchenverwaltung. Der promovierte Jurist war zuletzt Professor für Öffentliches Recht und Dekan des Zentralen Lehrbereichs der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung in Brühl bei Köln. 2013 schloss er auch ein berufsbegleitendendes Studium der evangelischen Theologie mit dem Master ab.Auch die „Sekundenglücksmomente“ wahrnehmen
Angesichts der großen Reformvorhaben und der zukünftigen Herausforderungen für die evangelische Kirche mahnte Lars Esterhaus im Gottesdienst zum Amtswechsel dazu, auch die „Sekundenglücksmomente“ im Leben wahrzunehmen. Dies seien Augenblicke, die unverfügbar blieben, Menschen ohne Vorankündigung ergriffen und „nicht aus uns selbst herauskommen“. Esterhaus: „Man muss kein Kirchensteuerzahler – ja nicht mal besonders religiös musikalisch gestimmt sein, um solche Erfahrungen zu machen: Erfahrungen der Selbsttranszendenz.“ Solche „heiligen Sekunden“ könnten ganz unvermutet ankommen und Menschen berühren. „Und sie können uns stärken und verändern“, so Esterhaus.Verwaltung als Kommunikation des Evangeliums sehen
Nach Worten des hessen-nassauischen Kirchenpräsidenten Volker Jung ist Lars Esterhaus als Jurist und Theologe „einmalig in der Evangelischen Kirche in Deutschland“. Bei keiner der 20 evangelischen Kirchenverwaltungen stehe ein Jurist an der Spitze, der zugleich Theologe sei. Esterhaus habe bereits deutlich zu erkennen gegeben, wie rollenklar er in die neue Aufgabe hineingehen wolle. Mit dem Blick des Theologen sehe er Verwaltung als „Teil der Kommunikation des Evangeliums“. Als Verwaltungsfachmann und Jurist sehe er deutlich, dass eine gute Verwaltung „proaktiv und offen für den gesellschaftlichen und theologischen Wandel sein muss und ein gut organisierter Dienstleister“.Mit positivem Geist an Herausforderungen gehen
Nach Ansicht des Darmstädter Oberbürgermeisters Jochen Partsch steht die Kirche wie viele Institutionen mitten in einem Transformationsprozess. Hierbei sei aus eigener Erfahrung viel Geduld gefragt. Partsch erinnerte an den Theologen Dietrich Bonhoeffer, der betont habe, wie wichtig es sei „mit den großen Gedanken, die einen stärken“, „die kleinen Gedanken, die einen ärgern“ zu überwinden. Partsch: „Mit diesem positiven Geist sollten wir nicht nur die Digitalisierung, sondern auch alle anderen Herausforderungen unserer Zeit annehmen, sie selbst aktiv gestalten und für uns als Chance nutzen.“Zur Person Lars Esterhaus: Jurist und Theologe
Lars Esterhaus wurde 1978 in Kamen (Nordrhein-Westfalen) geboren. Zunächst studierte er in Gießen Rechtswissenschaften und absolvierte sein Referendariat in Limburg. Anschließend war er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Gießen. 2010 nahm Esterhaus den berufsbegleitenden Master-Studiengang Evangelische Theologie an der Universität Marburg auf, den er 2013 abschloss. 2011 wurde er zum Hauptamtlichen Lehrenden an der Hochschule des Bundes in Brühl bestellt. 2012 schloss Esterhaus seine juristische Promotion ab und wurde zwei Jahre später zum Professor an der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung in Brühl berufen. Dort übernahm er 2018 die Leitung des Zentralen Lehrbereichs, bevor er 2019 Dekan des Zentralen Lehrbereichs wurde.Striegler kam 2002 nach Hessen-Nassau
Mit der Verabschiedung von Heinz Thomas Striegler am Freitag ging in der hessen-nassauischen Kirchenverwaltung am Darmstädter Paulusplatz zugleich eine Ära zu Ende. Striegler stand seit August 2010 an der Spitze der Verwaltung. Der Leitende Oberkirchenrat war über lange Jahre zugleich Finanzverantwortlicher der EKHN. Diese Funktion hatte er bereits seit 2002 inne. Striegler hat sich weit über Hessen-Nassau hinaus unter anderem einen Namen als Vorreiter in Fragen von ethisch-nachhaltigen Geldanlagen gemacht. So war er bis zuletzt Vorsitzender des bundesweiten Arbeitskreises Kirchlicher Investoren (AKI). Striegler war zudem unter anderem Vorsitzender des Finanzbeirats der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Aufsichtsratsvorsitzender der Evangelischen Zusatzversorgungskasse und stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Evangelischen Bank sowie in vielen weiteren Gremien Mitglied.Christliche Botschaft in Finanzfragen geltend machen
Kirchenpräsident Volker Jung dankte Striegler, der über lange Jahre „mit großer Kompetenz, Erfahrung und Kollegialität daran mitgearbeitet hat, dass unsere Kirche Ihren Auftrag wahrnehmen konnte, die frohe Botschaft von Gottes Reich in dieser Welt zu bezeugen und zu leben“. Die Entwicklung von Leitlinien für ethisch-nachhaltige Geldanlage-Strategien der Kirche bleibe fest mit Strieglers Namen verbunden“, so Jung. Auch der Darmstädter Oberbürgermeister Jochen Partsch sieht in Striegler einen Mann, der „als Finanzexperte kam und als Vorreiter und Vorbild geht“. So habe er die kirchlichen Geldanlagen bereits früh ethisch ausgerichtet und es geschafft, „die christliche Botschaft auch in Finanzfragen geltend zu machen“.Freude am Entwickeln ethisch-nachhaltiger Investments
Heinz Thomas Striegler bedankte sich in seinen Abschiedsworten bei allem Mitarbeitenden für das langjährige Vertrauen. Zugleich betonte er, dass ihm die Arbeit im Arbeitskreis Kirchlicher Investoren (AKI) besonders viel Freude bereitet habe. „Das Thema der ethisch-nachhaltigen Geldanlage hat mir sehr am Herzen gelegen“. Striegler kündigte an, dass er sich auch nach seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsleben weiter in Nachhaltigkeits-Beiräten wie etwa dem „Fair-World-Fonds“ von Brot für die Welt oder des „Fair-Future-Fonds vom Bundesdeutschen Arbeitskreis für umweltbewusstes Management (B.A.U.M.) engagieren wolle.Zur Person Heinz Thomas Striegler: Vom Rechtsanwalt zum Finanzexperten
Nach einem Studium der Rechtswissenschaftswissen und einem Grundstudium in Volkswirtschaftslehre begann Striegler nach dem Referendariat zunächst seine Berufslaufbahn als Rechtsanwalt in Koblenz. 1987 wechselte Striegler als Referent nach Bonn in das Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau. 1992 wurde er Stadtdirektor in Lengerich/Westfalen, wo er unter anderem für die Bereiche Kämmerei und Personal zuständig war. 1999 ging Striegler als Syndikus und Bereichsleiter für Personal und Recht zur Volksbank Hannover. Im Herbst 2001 wählte ihn die hessen-nassauische Kirchensynode zum Leiter der Finanzabteilung. Im Jahr darauf begann er dann in Darmstadt seinen Dienst.Feier zum Amtswechsel mit über 300 Gästen
Die Feier zum Amtswechsel wurde neben Kirchenpräsident Volker Jung unter anderem von Stellvertretender Kirchenpräsidentin Ulrike Scherf und der Präses der Kirchensynode, Birgit Pfeiffer, gestaltet. Unter den mehr als 300 Gästen aus Kirche, Politik, Finanzwelt und Wirtschaft waren neben dem Darmstädter Oberbürgermeister Jochen Partsch auch der Präsident des Kirchenamtes der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Hans Ulrich Anke, und Stephanie Rieth, Bevollmächtigte des Generalvikars des Bistums Mainz. mehr über die Kirchenverwaltung der EKHN Fotos in der Kirchencloud Kontakt zur KirchenverwaltungDas könnte dich auch interessieren

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