© Denkmalamt Stadt Frankfurt am Main, Foto: Michael Obst
Sensationsfund bietet Einblick in frühes Christentum auf heutigem EKHN-Gebiet
veröffentlicht 03.01.2025
von Online-Redaktion der EKHN
In Frankfurt am Main wurde eine archäologische Sensation entdeckt: Eine uralte Silberinschrift öffnet ein Fenster in die Glaubenspraxis des frühen Christentums. Dieser Fund stellt den frühesten bekannten Nachweis des Christentums nördlich der Alpen dar.
Der erste christliche Fund nördlich der Alpen kommt aus Frankfurt am Main! Das hatte der Frankfurter Oberbürgermeister Mike Josef Ende 2024 stolz verkündet. Bei dem Fund handelt es sich um ein 3,5 cm großes Silberamulett, das eine dünne, gerollte Silberfolie mit geheimnisvollen Ritzungen enthält.
Übersetzung der Frankfurter Silberinschrift:
(Im Namen?) des Heiligen Titus.
Heilig, heilig, heilig!
Im Namen Jesus Christi, Gottes Sohn!
Der Herr der Welt
widersetzt sich nach [Kräften?]
allen Anfällen(?)/Rückschlägen(?).
Der Gott(?) gewährt dem Wohlbefinden
Eintritt.
Dieses Rettungsmittel(?) schütze
den Menschen, der sich
hingibt dem Willen
des Herrn Jesus Christus, Gottes Sohn,
da sich ja vor Jesus Christus
alle Knie beugen: die Himmlischen,
die Irdischen und
die Unterirdischen, und jede Zunge
bekenne sich (zu Jesus Christus).
Welche Bedeutung hat die „Frankfurter Silberinschrift“?
Die „Frankfurter Silberinschrift“ wurde dank modernster Computertomographie-Technik entschlüsselt. Sie zeigt, dass der Träger des Amuletts eindeutig ein gläubiger Christ war – was für diese Zeit absolut außergewöhnlich ist. Das herausragende Einzelfund stammt aus einem Grab, das auf den Zeitraum zwischen 230 und 270 n. Chr. datiert wird, und stellt damit den frühesten authentischen Nachweis des Christentums nördlich der Alpen dar.
Wann und wo wurde das Amulett gefunden?
Bereits 2018 wurde die Amulettkapsel im Nordwesten Frankfurts im Gräberfeld „Heilmannstraße“ in Frankfurt-Praunheim entdeckt. Diese Gräber gehören zur Römerstadt „Nida“, der römischen Vorgängerstadt der heutigen Main-Metropole. In einem der Gräber wurde das Skelett eines Mannes zusammen mit Beigaben, einem Räucherkelch und einem Tonkrug gefunden. Unter dem Kinn des Mannes lag das kleine Silberamulett, ein sogenanntes Phylakterium. Ein Phylakterium ist ein am Körper getragener Behälter, der magischen Inhalt oder (später) Reliquien birgt und den Träger beschützen soll.
Was weiß man über den Mann, der das Amulett getragen hat?
Im 3. Jahrhundert nach Christus war das Christentum noch ein Kult, der Repressalien ausgesetzt war. Der Glaube war dem verstorbenen Mann aus Nida offenbar so wichtig, dass er ihn mit ins Grab nahm.
Wie wurde der eingerollte Text wieder zugänglich gemacht?
Im Archäologischen Museum Frankfurt wurde der Fund konservierungswissenschaftlich aufbereitet. Doch erst die Durchleuchtung mit einem hochmodernen Computertomographen im Leibniz-Zentrum für Archäologie in Mainz (LEIZA) im Mai 2024 brachte den Durchbruch. Dank der digitalen Entrollung der Silberfolie konnte ein dreidimensionales Modell erstellt und der gesamte Text entschlüsselt werden.
Wer hat den Text entschlüsselt?
Prof. Dr. Markus Scholz von der Frankfurter Goethe-Universität, Archäologe und Experte für lateinische Inschriften, entzifferte die 18 Zeilen der „Frankfurter Silberinschrift“ wie ein Puzzle und lieferte damit ein bedeutendes Zeugnis des frühen Christentums weltweit.
Welche Bedeutung hat der entschlüsselte Text?
Außergewöhnlich an dem Text ist, dass einige der Formulierungen bislang erst viele Jahrzehnte später bezeugt wurden. So findet sich am Anfang der „Frankfurter Silberinschrift“ eine Nennung des Heiligen Titus, eines Schülers und Vertrauten des Apostel Paulus. So wie die eigentlich erst aus dem 4. Jahrhundert n. Chr. in der christlichen Liturgie bekannte Anrufung „Heilig, heilig, heilig!“ (Trishagion). Der Text enthält am Ende mit „Die Knie beugen“ zudem ein fast wörtliches Zitat aus dem sogenannten Christushymnus des Paulus aus seinem Brief an die Philipper (hier: Phil. 2, 10-11).
Das könnte dich auch interessieren
27. Januar: Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus - 80 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz
Vor 80 Jahren haben sowjetische Truppen am 27. Januar das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz befreit, daran erinnert der Holocaustgedenktag 2025. An diesem Tag wird der über sechs Millionen ermordete Jüdinnen und Juden, der 500.000 getöteten Sinti und Roma und der vielen anderen Opfer gedacht. Auch jetzt fühlen sich Jüdinnen und Juden in Deutschland wieder bedroht.
Die Folgen des 2. Weltkrieges für die Kinder
Menschen, die als Kinder oder Babys durch den zweiten Weltkrieges mitgeprägt wurden, sind heute zwischen 80 und über 90 Jahre alt. Besonders wenn 2025 an das Kriegsende vor 80 Jahren gedacht wird, können auch Erinnerungen der sogenannten Kriegskinder auftauchen. Einige leiden an einem schweren Trauma. Vor allem im hohen Alter können sich ganz plötzlich die Folgen zeigen.
Konrad II. - zum König gekrönt im Alten Dom St. Johannis
Einst wurde in einer heute evangelischen Kirche ein König gekrönt: Konrad II. Der Alte Dom in Mainz war der Ort für dieses besondere Ereignis. Bis in die Gegenwart ist Konrad II bekannt durch seine enorme Kraft - seine herausgehobene Position stellt aber auch die Frage nach dem Umgang mit Macht.