Evangelische Kirche in Hessen und Nassau
Bild mit Kerzen, in das ein Gedenkstein eingeblendet ist

© Reg. Diakonie Da-Dieb., R. Haering

Gedenken an verstorbene wohnungslose Menschen
  • Bestattung

Extrem geringe Lebenserwartung: Gedenken an verstorbene obdachlose Menschen

veröffentlicht 12.09.2024

von Rita Haering / NF

Mit durchschnittlich 47 Jahren ist die Lebenserwartung für Obdachlose äußert gering. Um an die Verstorbenen zu erinnern, haben Obdachlose Gebete formuliert. Zudem wird zu einem ökumenischen Gedenkgottesdienst eingeladen.

Obdachlose Menschen sterben fast unbemerkt. So kann es vorkommen, dass eine Betreuerin der Regionalen Diakonie als einzige Person an der Bestattung teilnimmt. Um verstorbene wohnungslose Menschen nicht zu vergessen, engagieren sich evangelische Initiativen für ein Gedenken an verstorbene Obdachlose – meist rund um den Tag der wohnungslosen Menschen am 11. September. „Am Lebensende kennen viele der Obdachlosen keinen Menschen mehr, der ihnen wirklich am Herzen liegt, wie eine Partnerin oder Kinder. Meist haben sie den Kontakt schon vor vielen Jahren verloren“, erfährt Nicole Frölich immer wieder. Sie ist Bereichsleiterin der Wohnungsnotfallhilfe der Regionalen Diakonie Darmstadt-Dieburg. Sie berichtet, dass älteren Obdachlosen meist nur ein paar Kumpels bleiben, die auch kein Dach über dem Kopf haben. In einem ökumenischen Gedenkgottesdienst wird an die verstorbenen Obdachlosen erinnert, u.a. in Darmstadt. Dabei werden wohnungslose Menschen, die die Angebote der Diakonie nutzen, beteiligt. So formulieren sie die Gebete selbst

Gebete zum Gedenken an verstorbene obdachlose Menschen

Wir laden dazu ein, gemeinsam mit ihnen in ihren Worten zu beten:

Lieber Gott,
nimm alle Verstorbenen in deinen Kreis auf
und beschütze sie mit deiner liebenden Hand.
Wir bitten darum,
gib ihnen eine neue Heimat.

Ihr hattet alle irgendwann ein anders Leben.
Das Schicksal wirft einem manchmal Steine in den Weg,
denen man nicht ausweichen kann.
Wir hoffen,
dass ihr nun Ruhe und Frieden findet an einem Ort
an dem es keine Tränen und keinen Schmerz mehr gibt.

Lieber Gott,
wir hoffen auf ein Wiedersehen nach dem Tod
und sind in Gedanken bei denen,
die uns vorausgegangen sind.
Wir denken an sie,
unser gemeinsames Lachen und Feiern,
unsere gemeinsam verbrachte Zeit
und unsere Aufs und Abs.
Wir danken für die schöne gemeinsame Zeit.

Eines Morgens wachst du nicht mehr auf
die Vögel singen wie sie gestern sangen
nichts ändert diesen Tageslauf
Du bist nun frei und unsere Tränen wünschen dir Glück.

Amen
 

Quelle: Bewohner des Männerwohnheims „Z 14“ und der Fraueneinrichtung „Liv“ der Reg. Diakonie in Darmstadt-Dieburg

Flussteine mit Personennamen

© Reg. Diakonie Da-Dieb.

Menschen sitzen draußen im Grünen, vorne stehen ein Pfarrer im schwarzen und einer im weißen Talar

© Reg. Diakonie Da-Dieb.

Gedenkstein mit kleineren Steinen davor und Blumen

© Reg. Diakonie Da-Dieb.

Flussteine mit Personennamen

© Reg. Diakonie Da-Dieb.

Menschen sitzen draußen im Grünen, vorne stehen ein Pfarrer im schwarzen und einer im weißen Talar

© Reg. Diakonie Da-Dieb.

Gedenkstein mit kleineren Steinen davor und Blumen

© Reg. Diakonie Da-Dieb.

Flussteine mit Personennamen

© Reg. Diakonie Da-Dieb.

Menschen sitzen draußen im Grünen, vorne stehen ein Pfarrer im schwarzen und einer im weißen Talar

© Reg. Diakonie Da-Dieb.

Gedenkstein mit kleineren Steinen davor und Blumen

© Reg. Diakonie Da-Dieb.

Namenssteine erinnern an die verstorbenen Obdachlosen

Gedenkgottesdienst für verstorbene obdachlose Menschen im Wohn- und Übernachtungsheim „Z 14“ der Diakonie in Darmstadt

Gedenkstätte für verstorbene obdachlose Menschen auf dem Waldfriedhof in Darmstadt mit den Namenssteinen

Dramatisch geringe Lebenserwartung obdachloser Menschen

Obdachlose Menschen sterben deutlich früher als Bürger:innen in gesicherten Lebensverhältnissen. So beträgt die durchschnittliche Lebenserwartung von obdachlosen Menschen rund 47 Jahre. Zum Vergleich: Die durchschnittliche Lebenserwartung bei der Geburt in Deutschland belief sich 2020 für Männer auf 78,5 und für Frauen auf 83,4 Jahre – so das Statistische Bundesamt. In Burundi, dem ärmsten Land der Welt, liegt die Lebenserwartung von Frauen bei rund 63 Jahren. Die geringe Lebenserwartung von Menschen auf der Straße in Deutschland bestätigt Nicole Frölich von der Wohnungsnotfallhilfe der Diakonie: „Ich erlebe in Darmstadt, dass Obdachlose bereits mit 30 Jahren sterben, andere mit Mitte oder Ende 50.“

Daran sterben obdachlose Menschen

Die Todesursachen obdachloser Menschen sind oft Folgen des harten Lebens auf der Straße. Zudem wird die Verzweiflung oft in Alkohol ertränkt. Nicole Frölich erklärt: „Die Menschen sind rund um die Uhr direkt extremen Wetterverhältnissen wie Hitze, Kälte und Nässe ausgesetzt. Über die Zeit belastet das den Körper.“ Außerdem seien kostengünstige Mahlzeiten, die z.B. aus Fischkonserven bestehen, wenig nährstoff- und vitaminreich.

Häufige Todesursachen sind:

  • Folgen von Alkoholvergiftungen,
  • Folgen von Drogenkonsum,
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen,
  • Infektionen,
  • Multiples Organversagen,
  • tätliche Angriffe und
  • Unterkühlung.

Da die Beratungsstellen und Notunterkünfte der Regionalen Diakonie zuverlässige Anlaufstellen sind, werden sie auch von geschwächten obdachlosen Menschen aufgesucht. Dadurch sterben eher wenige auf der Straße, sondern im Wohnheim oder Krankenhaus. Diese leisen Abschiede erschüttern die Mitarbeitenden der Regionalen Diakonie jedes Mal. „Umso wichtiger, dass wir einmal im Jahr an sie erinnern“, betont Nicole Frölich.

Gedenkgottesdienst für verstorbene Obdachlose:

Freitag, 27. September, 13.30 Uhr
Ökumenischer Gedenkgottesdienst für die im vergangenen Jahr verstorbenen Obdachlosen
Wohn-und Übernachtungsheim Z 14,
Darmstadt, Zweifalltorweg 14

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