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Ein Beben geht durch die evangelische Kirche
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Reaktionen auf den Rücktritt von Annette Kurschus

veröffentlicht 21.11.2023

von Online-Redaktion der EKHN

Der ehemaligen EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus steht in der Kritik, dass sie nicht transparent genug mit einem mutmaßlichen Fall sexualisierter Gewalt in ihrem früheren Umfeld umgegangen sei. Für Kurschus´ Rücktrittsentscheidung sowie für ihre Arbeit als Ratsvorsitzende und Präses zollen ihr viele Respekt. Lückenlose Aufarbeitung des Falles wird angemahnt.

Annette Kurschus ist am 20. November 2023 mit sofortiger Wirkung vom Amt der Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und als Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen zurückgetreten. Die stellvertretende Ratsvorsitzende, die Bischöfin von Hamburg und Lübeck, Kirsten Fehrs, übernimmt ab sofort kommissarisch das Amt des EKD-Ratsvorsitzes.

Vorwürfe gegen Annette Kurschus

Annette Kurschus steht in der Kritik, dass sie in einem Fall von mutmaßlich sexuell übergriffigen Verhaltens nicht angemessen gehandelt habe. So hatte die Siegener Zeitung über Missbrauchsverdachtsfälle in den 1990er Jahren in Siegen berichtet. Im Fokus steht ein Kirchenmitarbeiter, der damals junge Männer sexuell bedrängt haben soll. Während dieser Zeit war Annette Kurchus als Gemeindepfarrerin im Kirchenkreis tätig. Sie war jedoch nicht die Vorgesetzte des Mannes, er ist ihr aber gut bekannt gewesen. Laut Presseberichten wurde Kurschus über das Fehlverhalten des Mannes informiert. Sie streitet Vertuschungsvorwürfe ab. Medienangaben zufolge habe die Staatsanwaltschaft nach vorläufigen Erkenntnissen bisher auch noch kein strafrechtlich relevantes Verhalten ermitteln können. Kritisch sehen Medien zudem die schleppende Aufarbeitung des Siegener Falles durch die evangelische Kirche und zuletzt eine missglückte Kommunikationsstrategie von Kurschus in der Öffentlichkeit. Anlässlich ihre Rücktritts erklärte sie: „In der Sache bin ich mit mir im Reinen. Ich habe zu jeder Zeit nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt.“

epd-Video über den Rücktritt von Annette Kurschus

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Amtsnachfolgerin Kirsten Fehrs: Rat wird Aufarbeitung und Prävention sexualisierter Gewalt weiter umsetzen

Ihre kommissarische Nachfolgerin im Amt der EKD-Ratsvorsitzenden Kirsten Fehrs drückte ihren Respekt vor der Entscheidung von Annette Kurschus aus: „Für den Rat der EKD verbindet sich mit dem Rücktritt von Annette Kurschus die Verpflichtung, den eingeschlagenen Weg bei Aufarbeitung und Prävention sexualisierter Gewalt konsequent weiter voranzugehen.“  Kirsten Fehrs ist Bischöfin von Hamburg und Lübeck und zollte Hochachtung für Kurschus´ Entscheidung, zurückzutreten. Während deren Tätigkeit sei diese mit Herz und klugem Wort überall dagewesen, wo sie gebraucht worden sei.

Präses Heinrich weist auf Aufarbeitung des Falls hin

Anna-Nicole Heinrich, Präses der Synode der EKD, hatte die Rücktrittserklärung für die Synode entgegengenommen. Heinrich erklärte: „Ich hoffe, dass die Entscheidung von Annette Kurschus nun den notwendigen Raum für die weitere Aufarbeitung des Falles und des Umgangs mit ihm schafft. Die Landeskirche von Westfalen steht in der hohen Verantwortung, dieses zu gewährleisten.“

Betroffenenvertreter:innen mahnen lückenlose Aufklärung an

Anna-Nicole Heinrich und Kirsten Fehrs, beide Mitglieder im Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt der EKD, bestätigten gemeinsam, den klaren Kurs der unabhängigen Aufarbeitung sexualisierter Gewalt und der Unterstützung betroffener Personen fortzusetzen.
Die Sprecher:innen der Betroffenenvertretung und der kirchlichen Beauftragten des Beteiligungsforums Sexualisierte Gewalt der EKD äußerten sich ebenfalls. Sie zeigten sich dankbar dafür, dass Kurschus´ Rücktritt die Arbeit vor weiteren Belastungen schütze. In einer Erklärung heißt es: „Die Aufklärung und Ahndung der Taten in Siegen gehören, wie geschehen, in die Hände der Strafverfolgungsbehörden. Es liegt in der Verantwortung der Landeskirche für lückenlose und unabhängig durchgeführte Aufarbeitung zu sorgen. Dazu gehört auch stets die Frage des Umgangs mit der Tat durch alle beteiligten Personen. Wenn es arbeits- oder dienstrechtliche Pflichtverletzungen gab, sind entsprechende Konsequenzen zu ziehen.“

Kirchenpräsident Jung: Respekt für Kurschus´ Entscheidung

Der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung, der auch Mitglied im Rat der EKD ist, bedauerte den Rücktritt von Kurschus. Mit ihr verliere die EKD eine „bundesweit geachtete und auch im Leitungsamt immer seelsorglich sensible und mit großer Sprachkraft wirkende Ratsvorsitzende“. Er habe davor großen Respekt, dass Annette Kurschus ihre Arbeit nicht durch die Diskussionen um sie belasten möchte.

Bischöfliche Stimme aus katholischer Kirche

Auch Bischof Dr. Georg Bätzing, Limburger Bischof und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, bedauerte Kurschus´ Rücktritt. Er erklärte: „Die Gründe und die im Vorfeld geführten Debatten kann und werde ich nicht beurteilen. Mit dem Rücktritt von Annette Kurschus verliert der ökumenische Motor in unserem Land einen wesentlichen Antrieb.“ Er habe sie in der Ausübung des Amtes geschätzt sowie als theologische Denkerin mit einer prägenden geistlichen Kraft und mutigen Visionen für ihre Kirche.

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