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Richtiges Lüften von Kirchen im Frühjahr und Sommer
veröffentlicht 24.05.2024
von Peter Bernecker
Warme Frühlings- oder Sommerluft trägt Wasserdampf in die Kirche. Daher ist beim Lüften in der warmen Jahreszeit einiges zu beachten.
Der Winter liegt hinter uns und die Kälte weicht frühlingshaften, teils überdurchschnittlich hohen Temperaturen. Alles erwacht in rasantem Tempo aus dem Winterschlaf – bis auf die massiv gebauten Kirchen, aus denen der Winter nur quälend langsam herauskriechen möchte.
Da scheint es verlockend, die warme Frühlingsluft so schnell wie möglich in die Kirche zu lüften und die Kälte auszutreiben. Wer hat denn schon Lust, in der Kirche noch eine Winterjacke tragen zu müssen, während es draußen bereits sommerliche 23°C hat?
Vorsicht beim Lüften von Kirchen!
Gerade bei warmen Temperaturen kann das Lüften von Kirchen zu Schäden führen!
Kirchen müssen sich außerhalb der Heizperiode langsam von außen nach innen erwärmen - nicht umgekehrt.
Generell gilt: Historische Kirchen müssen im Sinne der Luftqualität nicht händisch gelüftet werden.
Sie sind von Natur aus undicht und ein ausreichender natürlicher Luftwechsel ist gegeben.
Ausnahmen gelten für Kirchen mit automatisierter Lüftungsregelung.
Beschränken Sie das Lüften von Kirchen stattdessen auf das notwendige Minimum und halten Sie insbesondere Ihre Kirchentüren geschlossen.
Die warme Außenluft bringt jede Menge Feuchte in Form von unsichtbarem Wasserdampf in das kalte Gebäude. Kühlt die Luft in der kalten Kirche ab, kann sie die Feuchte nicht länger halten. Denn: Je kälter die Luft, desto weniger Wasserdampf kann sie speichern. Die Feuchte dringt dann in Putz, Wände, Holz und Kunstwerke ein und kann Schimmelwachstum, Rissbildung, schlechte Gerüche, modrige Luft und aufquellendes Holz verursachen.
Wieso bringt das Lüften im Frühjahr Wasser in die Kirche?
Unsere Luft besteht überwiegend aus Stickstoff, Sauerstoff und Wasser.
Wasser ist in der Luft typischerweise zu 0,4 bis 3,5% (der Masse) in Form von Wasserdampf enthalten.
Je wärmer die Luft ist, desto mehr Wasserdampf kann sie enthalten. Je kälter sie ist, desto weniger Wasser kann sie transportieren.
Warme Frühlings- oder Sommerluft trägt Wasserdampf in die Kirche. Kühlt sie dann in der Kirche an kalten Bauteilen ab, wird sie übersättigt und muss das überschüssige Wasser zwangsweise loswerden. Man sagt: „Der Taupunkt wird unterschritten“. Da es in der Kirche für gewöhnlich nicht regnet, kriecht das Wasser stattdessen unter die Oberfläche der Bauteile oder läuft – wie am Fenster sichtbar – flüssig an ihnen herab.
Deshalb birgt das Lüften von kalten Gebäuden oder kalten Kellern ein so hohes Schadenspotential. Denn wenn das Wasser über einen längeren Zeitpunkt nicht wieder verdunsten kann, bietet das feuchte Bauteil eine perfekte Lebensgrundlage für Schimmel und Schwämme. An Feuchten Wänden haften auch Staub und Schmutz bevorzugt an. Besonders sensibel gegenüber Feuchte sind auch die Kirchenorgeln, die erheblichen Schaden erleiden können.
Aber wann darf ich denn wieder Lüften?
Technisch korrekt wäre die Aussage: Sie dürfen immer dann lüften, wenn die absolute Feuchte der Außenluft kleiner ist, als die maximale absolute Feuchte der Luft bei der Temperatur des kältesten Bauteils im Innenraum.
Vereinfacht kann man sagen: Lüften Sie nur dann ihre Kirche, wenn es draußen kälter oder kaum wärmer ist als in der Kirche, oder wenn die Außenluft besonders trocken ist.
Vermeiden Sie das Lüften durch die Eingangspforte oder durch tiefliegende Fenster.
Sicherheit bekommen Sie nur mit einer intelligenten Lüftungsregelung oder unter Zuhilfenahme einer Thermometer-Hygrometer-Kombination.
Aber: Wie immer gibt es Tabellen oder hilfreiche Online-Werkzeuge.
Hier ein praxistaugliches Hilfsmittel:
In diesem Rechentool können Sie ihre Witterungs- und Temperaturdaten eintragen.
ACHTUNG! Das Ergebnis gilt nur für den Moment in dem die Daten aktuell sind und ist nur als Hilfestellung zu sehen. Das Tool kann nicht garantieren, dass es in Ihrer Kirche nicht doch zu einer Taupunktunterschreitung kommt. Sicherheit bietet nur eine feuchtegeführte automatische Lüftungsregelung mit korrekt platzierten Sensoren.
Sie brauchen folgende technische Hilfsmittel:
1. In der Kirche:
Ein Thermometer, platziert am kühlsten Bauteil im Gebäude (Außer Fenster).
Optional zusätzlich: ein Hygrometer (Feuchtemesser) – gerne auch beides als Kombigerät.
2. Außen:
A) Ein Thermometer und Hygrometer zur Messung der Außenluft im Schatten, oder
B) die aktuellen Wetterdaten (z.B. aus der Wetter-App im Handy) möglichst genau für den tatsächlichen Standort der Kirche.
Die Geräte gibt es in ausreichender Güte günstig im Handel oder im Internet. Digitale Geräte können oft selbstständig den Taupunkt der Außenluft errechnen. Liegt die niedrigste gemessene Temperatur in der Kirche höher als der errechnete Taupunkt der Außenluft kann sicher gelüftet werden.
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