Evangelische Kirche in Hessen und Nassau
Ausstellungstafeln

© Nicole Weisheit-Zenz

Ausstellung zur Transformation von Kirchenräumen in der Mainzer Christuskirche.

Ausstellung: Kreative Nutzungsmöglichkeiten von Kirchen

veröffentlicht 26.06.2024

von Peter Bernecker

Eine Ausstellung in der Mainzer Christuskirche zeigt, wie eine nachhaltige Transformation von Kirchenräumen gelingen kann. Ein Blick in die Geschichte verschiedener Gotteshäuser mit anschaulichen Fotos liefert Einblicke zu neuen Nutzungsmöglichkeiten.

Kirchengebäude sind nicht nur religiöse Zentren. Vielfach prägen sie auch das Ortsbild und die Identität in Städten und Gemeinden. Auch wenn Pflege und der Erhalt der Gebäude aufwändig sind, sie zu verkaufen oder abzureißen, weil die Zahl der Kirchenmitglieder sinkt, ist nicht die einzige Option. Wie Kirchen den Bedürfnissen der Menschen vor Ort entsprechen können, zeigt eine neue Schau in Mainz.

Beispiele nachhaltiger Transformation

Die Wander-Ausstellung „Kirche Raum Gegenwart“ ist bis 23. August 2024 im Vorraum und Kirchenraum der Mainzer Christuskirche (Kaiserstraße 56) zu sehen. Wie eine nachhaltige Transformation von Kirchenräumen gelingen kann, wird an vielfältigen Beispielen gezeigt. Ein Blick in die Geschichte der jeweiligen Gotteshäuser wird kombiniert mit anschaulichen Fotos und Einblicken zur neuen Nutzung. Deren Bandbreite ist groß und umfasst quasi alle Bereiche des Lebens. Neben architektonischen Lösungen wird vorgestellt, wie für Kirchenräume, vor allem in Süddeutschland, inhaltliche Neubeschreibungen entwickelt wurden. So konnten die Kirchen liturgische Orte bleiben und sich gleichzeitig öffnen, als aufgeschlossene Räume.

Dekan Klodt: Auch mit anderer Nutzung bleiben Kirchen für Stadt und Gesellschaft wertvoll

Jeweils individuelle Lösungen zu finden, die dem dienen, was die Menschen vor Ort benötigen, was sie beschäftigt, ist auch Dekan Andreas Klodt vom Evangelischen Dekanat Mainz wichtig. In seinem Grußwort zur Vernissage „Kirche Raum Zukunft“ betonte er, dass Kirchen weiterhin gebraucht werden. Auch mit anderer Nutzung bleiben sie für Stadt und Gesellschaft wertvoll.
„Wo eine Kirche ihre Räume öffnet, da wird sie auch selbst offen für die Gesellschaft“, betonte Elisabeth März, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Transara Forschungsprojekt. Sie forscht im Bereich praktische Theologie und widmete sich in ihrem Vortrag der Transformation von Kirchenräumen. Die Verwandlung von Kirchen habe immer auch damit zu tun, dass sich die Kirche als Institution wandelt, erklärte sie. Die Art und Weise, wie sie mit ihren Gebäuden umgeht, sei ein Ausdruck ihres Selbstverständnisses. Während geschlossene Kirchen Schutz und Abwehr zeigen, stehen offene Kirchen auch nach außen für Neugier und Offenheit.

Hybride Nutzung

Mit Blick auf die Frage nach dem Erhalt der Gebäude sei es wichtig ist, nicht nur an Verkauf oder Abriss zu denken. Elisabeth März plädierte daher für die sogenannte hybride Nutzung, anstelle eines starren Entweder-Oder. Generell sind verschiedene Varianten der Transformation möglich: Bei der Ablösung dominiert die neue Nutzung. Bei Anlagerung wird die Umgebung der Kirche verändert, etwa indem umliegende Gebäude anders genutzt werden. Denkbar sind auch neue Raumkonzepte durch Abtrennung oder Einbauten, auch aus praktischen Gründen, um Heizkosten zu sparen. Bei der simultanen Nutzung geht es darum, Räume multifunktional zu verwenden, zu unterschiedlichen Zeiten. An Beispielen zeigte Elisabeth März vielfältige Möglichkeiten und Chancen, die sich durch die Öffnung und Umnutzung von Kirchenräumen ergeben, die so zu neuen Orten der Begegnung werden. Wichtig ist aus ihrer Sicht, die Schwelle zur Nutzung dieser Räume niedrig zu halten, um eine breite Teilhabe zu ermöglichen. Sie unterstrich, dass die Gesellschaft offene Orte braucht, für ein demokratisches Miteinander.

Hybride Nutzungen erfordern zwar Aushandlungsprozesse zwischen den beteiligten Akteuren und können Spannungen im Laufe der Umsetzung verursachen. Dennoch entstehen daraus Synergien, die sowohl der Kirche als auch der Gesellschaft zugutekommen. Für eine solche Win-Win-Situation sei wichtig zu schauen, was vor Ort gebraucht wird und was gerade ansteht. Für diese Prozesse gibt es keine geraden Wege oder Schablonen, so Elisabeth März. Sie müssen individuell entwickelt werden. Entscheidend sei dabei auch das Vertrauen in die Personen, die Entscheidungen treffen und umsetzen, ob im Kirchenvorstand oder im Kirchenbauverein.

Begegnungsort mit Kaffee, Kuchen und Limonade

Ein Beispiel für die erweiterte Nutzung eines Kirchenraums stellte Christoph Kiworr vor. Er ist Pfarrer der Evangelischen Maria-Magdalena Gemeinde Drais-Lerchenberg. Die kleine Kirche, die seit 20 Jahren in Mainz-Drais steht, wird künftig zeitweise zum Café. Als „Draiser Cafédrale C41“ bietet sie bald einen Begegnungsort mit Kaffee, Kuchen und Limonade. Hier können gemütliche Couch-Gottesdienste gefeiert werden und Konzerte stattfinden. „Wir wollten unsere Kirche nicht aus der Hand geben“, sagte Christoph Kiworr. Dankbar ist er dafür, dass die Veränderungen von den Menschen vor Ort mitgetragen und gemeinsam entwickelt werden. Um deren Wünsche und Bedürfnisse zu berücksichtigen, gab es Umfragen und Gesprächsrunden. Beratung und Begleitung wünscht er sich auch weiterhin auf dem Weg der Öffnung. Generell kann eine gastfreundliche Kirche auch zur Gotteserfahrung im Alltag beitragen.

Raum und Offenheit für kreative Lösungen

Wie wichtig die Unterstützung durch Pfarrpersonen und Kirchenvorstände für den Erfolg solcher Veränderungen ist, unterstrich Dr. Tobias Meier. Er ist Diplom-Ingenieur für Stadt- und Regionalplanung sowie Stadtsoziologe und Community Organizer an der Hochschule Koblenz. Entscheidungen sollten generell nicht „von oben“ vorgegeben werden, viel wichtiger sei Raum und Offenheit für kreative Lösungen, auch um Kirchengebäude als Teil der sozialen Struktur zu erhalten. Moderiert wurde die Podiumsdiskussion von Stefan Heinig vom Mainzer Zentrum für Gesellschaftliche Verantwortung. In die anschließende Diskussion wurden unterschiedliche Erfahrungen und Wünsche eingebracht, rund um die Transformation kirchlicher Räume.


Ausstellung: Kirche Raum Gegenwart

  • Ort: Mainzer Christuskirche, Kaiserstraße 56, Mainz
  • Öffnungszeiten: Mo bis Do und Sa 9 – 18 Uhr, Fr 12 – 18 Uhr, So 11 – 18 Uhr
  • Veranstalter und Kooperation: Miriam Heil (Fachstelle Gesellschaftliche Verantwortung und Bildung im Ev. Dekanat Mainz), Pfarrerin Eva Lemaire (Ev. Christuskirchengemeinde Mainz), Deutsche Gesellschaft für christliche Kunst e.V. (DG), Verein Ausstellungshaus für christliche Kunst e.V. (VAH), Ministerium der Finanzen RLP und der Architektenkammer RLP
  • Weitere Veranstaltungen: „Kirchen weiterbauen – Potentiale, Chancen und Herausforderungen“ am 4. Juli, ab 18:30 Uhr und Finissage am 22. August ab 18 Uhr mit Rückschau auf die Ausstellungszeit und Konzert von Dekanatskantor Arno Krokenberger zum Thema „Wie beeinflussen Klänge die Wahrnehmung von Raum?“

Das Referat Kirchliches Bauen unterstützt bei allen Fragen rund um Baumaßnahmen an Kirchen und kirchlichen Gebäuden.

Infos und Kontaktadressen:

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