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Talente einsetzen statt sie in der Erde zu begraben
veröffentlicht 03.04.2024
von Andrea Seeger
Das Wörtchen „talentfrei“ steht seit 2006 im Duden. Das bezieht sich immer nur auf eine bestimmte Fähigkeit. Jemand kann vielleicht nicht gut tanzen oder hat zwei linke Hände. Dafür kann sie oder er anderes umso besser, malen zum Beispiel, Schach spielen, organisieren oder Menschen miteinander verbinden. Wozu ein Mensch befähigt ist, lässt sich nicht immer auf den ersten Blick erkennen. Von außen nicht, aber auch nicht von innen. In vielen Menschen steckt eine Sehnsucht, sich zu entwickeln, zu entdecken, was noch möglich ist.
Jesus kannte das. Er spricht davon in dem Gleichnis von den anvertrauten Talenten (Matthäus 25,14-30). Zu biblischen Zeiten war mit Talent eine bestimmte Summe Geld gemeint. Ein wohlhabender Herr verreist für eine längere Zeit. Seinen drei Knechten lässt er Talente da, sie sollen damit gut wirtschaften. Zwei der Männer verdoppeln das Geld, sind also finanziell erfolgreich. Der dritte im Bunde hat sich anlagemäßig nichts zugetraut und das Geld einfach in der Erde vergraben.
Nach seiner Rückkehr lobt der Herr die beiden Geldvermehrer. Erzürnt ist er über den, der nichts aus dem Talent gemacht hat, sondern es einfach hat liegen lassen, begraben in der Erde.
Was will Jesus mit dem Gleichnis ausdrücken? Jeder Mensch hat Talente bekommen, in unterschiedlichen Dosen, einzigartig kombiniert. Hier ist nicht Geld gemeint, sondern Fähigkeiten. In der Bibel finden sich an vielen Stellen Geschichten über Menschen, die sich nicht das zutrauen, was Gott ihnen zumutet.
Was will Jesus mit dem Gleichnis ausdrücken?
Jeder Mensch hat Talente bekommen, in unterschiedlichen Dosen, einzigartig kombiniert. Hier ist nicht Geld gemeint, sondern Fähigkeiten. In der Bibel finden sich an vielen Stellen Geschichten über Menschen, die sich nicht das zutrauen, was Gott ihnen zumutet.
Jeremia ist so ein Beispiel. Gott hatte ihn schon vor dessen Geburt ausgewählt für höhere Dienste. „Ehe ich dich im Mutterleibe bildete, habe ich dich erkannt, und ehe du aus dem Mutterschoß hervorkamst, habe ich dich geheiligt: Zum Propheten an die Nationen habe ich dich bestellt." (Jeremia 1,5) Jeremia ist alles andere als begeistert, als er den Auftrag bekommt, als noch ganz junger Mann anderen die Leviten zu lesen. Er ahnt, welche schwere Aufgabe ihm bevorsteht und möchte sich dieser gerne entledigen. „Ach, Herr, Herr! Siehe, ich weiß nicht zu reden, denn ich bin jung."
(Jeremia 1,6) Gott ermuntert Jeremia: „Sage nicht: Ich bin jung; denn zu allen, wohin ich dich senden werde, sollst du gehen, und alles, was ich dir gebieten werde, sollst du reden." (Jeremia 1,7) Gott macht keine Abstriche an seinem Auftrag. Aber er stärkt den verzagten Jeremia: „Fürchte dich nicht vor ihnen; denn ich bin mit dir, um dich zu erretten, spricht der Herr.“
„Kann ich das?“, „Schaffe ich das?“ sind berechtigte Fragen.
Gott traut Jeremia viel mehr zu als der sich selbst. Der Prophet reagiert durch und durch menschlich. Denn wer weiß schon so genau, was alles in einem selbst steckt? Wer das herausfinden möchte, dem genügen einfache Fragen: Was kann ich besonders gut? Was macht mir am meisten Spaß? Was möchte ich einmal ausprobieren?
Gott möchte nicht, dass Menschen ihre Talente in der Erde begraben. Er möchte, dass Christinnen und Christen ihre Begabungen nutzen, um die Welt ein Stückchen besser zu machen. Dass sie ihre Fähigkeiten einsetzen für sich selbst und zum Wohl anderer.
Dazu gehört manchmal Mut, ganz besonders, wenn man sich auf unbekanntes Terrain vorwagt. Die Komfortzone zu verlassen, ist immer ein Wagnis. „Kann ich das?“, „Schaffe ich das?“ sind berechtigte Fragen.
Wer Gott vertraut, weiß: Da gibt es jemanden, der immer an dich glaubt, trotz aller menschlichen Schwächen: Gott. Diese Zuversicht eröffnet ganz neue Perspektiven.
Jeder Mensch ist einzigartig in dem, was er mitbringt.
Und wer den Blick auf die Welt lenkt, kann doch nur staunen über die Kreativität und Fähigkeiten, die Gott den Menschen geschenkt hat. Das lässt sich in jeder Kirchengemeinde feststellen. Da gibt es viele talentierte Menschen mit unterschiedlichen Begabungen und Stärken. Die einen bringen sich mit Rat und Hilfe im Kirchenvorstand ein, die anderen arbeiten in der Konfirmandenarbeit mit, singen im Gemeindechor oder bereichern mit ihrem Fachwissen den Bauausschuss. Es kommt nicht darauf an, der Beste zu sein, sondern sich einzubringen ins Team, in die Allgemeinheit mit dem, was ihr oder ihm mit auf den Lebensweg gegeben ist.
Jeder Mensch ist einzigartig in dem, was er mitbringt. Im Psalm 139 wird diese Erkenntnis so ausgedrückt: "Ich danke dir, dass du mich so wunderbar gestaltet hast. Ich weiß, staunenswert sind deine Werke."
Über eigene Talente, über gute Leistungen und Fähigkeiten zu sprechen, kann angeberisch wirken. Aber es kann auch mitreißen, begeistern und andere in den Bann ziehen. In der Bibel steht, dass keiner sein Licht unter den Scheffel stellen soll. Das gilt auch für die Kirche ganz allgemein. Sie hat so viel Gutes für die Gesellschaft zu bieten, dass es lohnt, darüber zu sprechen – immer wieder.
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