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Schöpfung bewahren - was können wir konkret beitragen?
veröffentlicht 04.04.2024
von Miriam Heil
In der Bibel lesen wir von einem besonderen Auftrag Gottes an ALLE Menschen: als seine Ebenbilder (Gen 1,27) ‒ ausgestattet mit Würde und Gestaltungsfähigkeit ‒ sollen sie seinen Garten ‒ unsere Welt ‒ verantwortungsvoll bebauen und bewahren (Gen 2,15). Mit Demut und mit Verantwortungsgefühl gegenüber unserer Lebenswelt sind wir Menschen ausgestattet worden, um diese lebenswert zu erhalten. Der Einsatz für Klimaschutz, Klimagerechtigkeit und die Bewahrung der biologischen Vielfalt gehören zum Kern unseres christlichen Glaubens.
Aber die vielen menschengemachten Umweltschäden, die Klimakatastrophe und die sozialen Krisen zeigen, dass etwas gravierend schiefläuft. Wir nehmen für das Glück weniger, den Niedergang aller in Kauf. Wir wissen alle, wir sollten uns schleunigst um mehr Nachhaltigkeit kümmern. Wie wird nun aus diesem unverbindlichen „sollte“ ein aktives und glaubwürdiges „wir kümmern uns“?
„Ich bin fest davon überzeugt, dass der Mensch grundsätzlich zur Veränderung fähig ist, auch wenn viele daran zweifeln.“
Miriam Heil, Fachstelle Gesellschaftliche Verantwortung und Bildung im Evangelischen Dekanat Mainz.
Hoffnung auf Veränderung unserer Persönlichkeit ebenso wie gesellschaftlicher und globaler Situationen sorgt dafür, dass wir Visionen darüber entwickeln, wie eine nachhaltigere Lebensweise aussehen kann. Visionen sind die Voraussetzung dafür, ins aktive Tun zu kommen, Veränderungen entstehen zu lassen. Unsere Kirchen oder Gemeindehäuser können bspw. mit Hilfe des kirchlichen Umweltmanagement Grüner Hahn systematisch Klimaschutz betreiben, in dem sie Ressourcen, wie Strom, Wasser, Papier und Abfall einsparen. In der EKHN beteiligen sich einige kirchlichen Einrichtungen erfolgreich an diesem Projekt und leisten damit vorbildliche Pionierarbeit.
Menschen nutzen den kirchlichen Raum für nachhaltige Aktionen
Darüber hinaus können Kirchengemeinden und KiTas bei der Gestaltung ihrer Grünanlagen auf den Erhalt und die Förderung von Artenvielfalt achten, um dem jährlichen Verlust von Tausenden Pflanzen- und Tierarten entgegenzuwirken und das ökologische Gleichgewicht wieder herzustellen. Wie es gelingen kann, zeigt das CVJM Projekt in Mainz Finthen: mit einem Insektenhotel und einer Blühwiese im Kirchgarten. Andere Kirchengemeinden gründen Kooperationen mit lokalen Imkern und Landwirt*innen, stellen gemeinsam Bienenkästen auf und ernten anschließend den Honig, wie das Projekt Honigbienen, Wildbienen und Blühstreifen von Dr. Stefan Tron, Gemeindepädagoge im Dekanat an der Lahn. Neben der Förderung von Biodiversität soll es zugleich Kindern und Jugendlichen Zusammenhänge in der Natur nahebringen.
Auch wie wir uns fortbewegen oder was wir einkaufen, macht einen Unterschied im Hinblick auf einen klima- und umweltfreundlicheren Lebensstil. So steht seit Neustem vor der KiTa der Evangelischen Emmausgemeinde in Mainz ein E-Lastenfahrrad, die KiTa-Kutsche, welches der Kirchenvorstand organisierte und damit einen Beitrag zur umweltfreundlichen Mobilität im Bezirk leisten will. Die kostenlose Ausleihen ist für alle Interessierten über eine App möglich. Geladen wird das Lastenrad selbstverständlich mit Ökostrom.
Fair einkaufen – hier können wir etwas bewegen
Bei Beschaffungsfragen steht oftmals die Finanzierbarkeit im Vordergrund unserer Kaufentscheidung, mit belastenden Auswirkungen für Menschen und Umwelt. Der Faire Handel leistet hier Pionierarbeit, indem er versucht, mehr Gerechtigkeit und Umweltschutz im internationalen Handel zu erreichen. Insbesondere in südlichen Ländern soll durch bessere Handelsbedingungen und der Sicherung sozialer Rechte für Produzent*innen und Arbeiter*innen sowie der Einhaltung von Umweltschutzmaßnahmen eine nachhaltige Entwicklung gestärkt werden. Mit unseren persönlichen Kaufentscheidungen, aber auch den Anschaffungen in der Kirchengemeinde, Kita, Jugendarbeit etc. haben wir also einen bedeutsamen Hebel, hierauf Einfluss zu nehmen. Die Beteiligung an thematischen Aktionswochen, wie bspw. der Fairen Woche, hebt die sogenannte Beschaffungsfrage in den gesellschaftlichen Vordergrund.
So veranstaltete das Evangelische Dekanat Mainz im letzten Jahr gleich mehrere Veranstaltungen zu diesem Thema. Den Auftakt bildete ein Fairer Kaffee-Walk durch die Mainzer Altstadt, bei dem die Teilnehmenden lernten, was Fairer Kaffee bedeutet und welche Auswirkungen der (Faire) Kaffeehandel für die Produzent*innen, die Arbeiter*innen und die Umwelt hat. Ein besonderes Ereignis war außerdem die Eröffnung des selbst gebauten Fairteiler-Schranks neben dem Gemeindehaus. Hier können ab sofort überschüssige Lebensmittel von privat zu privat geteilt und so der Lebensmittelverschwendung entgegengewirkt werden. Ein weiteres Thema der Fairen Woche drehte sich um Fair Fashion, denn die gegenwärtige Modeindustrie ist alles andere als nachhaltig: Kleidung legt oft bis zu 20.000 Kilometer zurück, bis sie bei uns landet und hinterlässt damit auf ihrem Weg einen gigantischen ökologischen Fußabdruck. Außerdem existieren zumeist unfaire Handelsbeziehungen, verknüpft mit ausbeuterischen und gesundheitsschädlichen Arbeitsbedingungen.
Ein erfolgreiches Konzept: Kleid@Night
Der Kleidertausch im Alten Dom St. Johannis. Nach dem Motto Teilen statt neu kaufen wurden die Bürger dazu eingeladen, ihre aussortierte aber noch gut erhaltene Kleidung mit zu bringen, mit anderen Menschen zu teilen und sich selbst an neuen Lieblingsteilen zu erfreuen. „Unbedingt wieder! Und unbedingt in dieser Kirche! Das passt perfekt zusammen. Hier spürt man sehr die Verantwortung, die wir als Menschen für unsere Mitmenschen und unsere Umwelt tragen. Dies quasi in Verbindung zu bringen, mit der Kleidung, die wir tragen, ist sehr sinnvoll.“ So das Feedback einer Besucherin.
„Wir können viel bewirken – und das jeden Tag! Wir können einen nachhaltigen Unterschied machen!“
Miriam Heil
Weiterhin sagt Miriam Heil: „Der Faire Handel ist unweigerlich mit dem verantwortungsvollen Umgang gegenüber unserer Umwelt verbunden und ein elementarer Aspekt im Hinblick auf eine zukunftsfähige, lebenswerte Welt für alle Menschen. Sollen unsere Werte von Solidarität und Menschenwürde weiterhin Bestand haben, gilt es umso mehr, sich für die Praxis eines nachhaltigen und fairen Handels einzusetzen: beim Kaffee am Morgen, dem Gemüseeinkauf am Mittag oder dem Ausgehdress am Wochenende.“
Weitere Anregungen, Projekte und Initiativen in der EKHN
Es gibt zahlreiche Projekte und Initiativen rund um das Thema Nachhaltigkeit in den vielen Kirchengemeinden der Region. So unterstützt auch die Evangeliche Kirche in Hessen und Nassau Kirchengemeinden und kirchliche Einrichtungen beim Klima- und Umweltschutz.
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