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Die Klimakrise, der Schweinehund und ich

veröffentlicht 18.03.2024

von Impulspost Redaktion

Hannah Färber und Jan-Niklas Rabe kennen ihren Schweinehund nur allzu gut. Im Gespräch erzählen die beiden evangelischen Jugenddelegierten, an welchen Stellen sie schwach werden und gehen einer Frage auf den Grund: Hält uns der innere Schweinehund von klimafreundlichem Handeln ab oder spielen noch andere Faktoren eine Rolle? Und sollte es überhaupt unser Ziel sein, das eigene Leben im Sinne des Klimaschutzes von heute auf morgen umzukrempeln?

Was bedeutet Schweinehund für euch?

Hannah: „Das sind Eigenschaften an mir, mit denen ich selbst nicht einverstanden bin, sonst würde ich sie nicht als das bezeichnen. Und der Schweinehund ist auch etwas sehr Persönliches – den kann man nicht allgemein definieren.“

Jan-Niklas: „Ich glaube, dass der Schweinehund auch viel mit Gewohnheiten und Routinen zu tun hat. Man hat eine Ordnung für sich in seinem Leben gefunden und weiß was man mag und auch nicht. Wenn wir unseren Schweinehund vor anderen ansprechen, dann versuchen wir unser Handeln zu vertreten. Aber es zeigt auch, dass die erste Reflexion eingesetzt hat. Man beschäftigt sich mit dem inneren Schweinehund, das ist der erste Schritt, wenn man etwas verändern möchte.“

Wir brauchen keine hundert Prozent

Haben wir eigentlich alle nur einen riesigen inneren Schweinehund, der uns daran hindert, endlich klimafreundlicher zu leben? Wir alle wissen doch, was getan werden muss und doch schaffen viele von uns die 180 Grad-Wende nicht. Jan-Niklas und Hannah schaffen es recht gut klimafreundlicher zu leben. Die Liebe zum veganen Essen teilen sie. Dem Klimaschutz zu Gute. Wenn da nicht der innere Schweinehund wäre…

„Mein Schweinehund ist die Vollmilchschokolade. Die vegane schmeckt einfach nicht so gut“, gibt Hannah zu. Sie selbst ist mit Fridays for Future unterwegs. Trotzdem findet sie: „Diese 100-Prozent-Debatte, die Klima-Aktivist:innen an den Tag legen ist total sinnlos: ‚Du darfst niemals fliegen. Ein Auto besitzen ist auch nicht ok. Wie, du lebst nicht komplett vegan? Du kaufst nicht second-hand?‘ Solche Vorwürfe sind aus meiner Sicht kontraproduktiv, weil sich Menschen angegriffen fühlen und der Schweinehund gereizt wird.“

Jan-Niklas relativiert: „Und dann gibt es da noch den Spruch: ‚There is no ethical consumption under capitalism‘. Übersetzt heißt es so viel wie, man könne als Einzelperson im kapitalistischen System sowieso nichts ausrichten. Ich denke die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen. Es geht letztlich immer um die Auseinandersetzung mit dem Schweinehund und um das langsame Austesten der eigenen Grenzen.“

Am Ende machen auch nicht die Vollzeit-Veganer*innen den ganz großen Unterschied, sondern die große Menge, die Stück für Stück einen klimafreundlichen Beitrag in den Alltag einbaut.

Hannah Färber

Vegane Ernährung schützt unser Klima?

Und ob! Die Produktion tierischer Produkte verursacht deutlich mehr Treibhausgase und verbraucht mehr natürliche Ressourcen als die Herstellung pflanzlicher Alternativen. „69 Prozent der ernährungsbedingten Treibhausgasemissionen gehen in Deutschland auf das Konto von tierischen Lebensmitteln. Fast 50 Prozent könnten wir einsparen, wenn wir auf eine pflanzenbasierte Ernährung umstellten“, sagt Silke Oppermann, WWF-Referentin für Nachhaltige Ernährung und Klimaschutz.

Ein Traktor auf einem langen grünen Feld. Oberhalb befinden sich zwei Bäume

© Karsten Klama / fundus-medien.de

Fast 50 Prozent der ernährungsbedingten Treibhausgasemissionen könnte bei Umstellung auf eine pflanzenbasierte Ernährung eingespart werden

Gemeinsam Ziele bestreiten

Nicht alle klimaschädlichen Handlungen haben mit dem Sieg des inneren Schweinehundes zu tun. Manchmal bleibt einem keine andere Wahl, stellt Hannah fest: „Die Vollmilch-Schokolade ist definitiv mein Schweinehund, aber das schlechte ÖPNV-Netz auf dem Land oder die zu teuren Öko-Lebensmittel sind es nicht. Es ist von außen ganz schwer einzuschätzen, was ein Schweinehund verhindert und welche Situationen durch soziale Fragen gegeben sind.“ Jan-Niklas ergänzt: „Ich glaube, am Ende zählt dieser Gedanke: Wir müssen solidarisch sein und gemeinsame Ziele setzen. Jede Einzelperson leistet einfach seinen ganz individuellen Beitrag.“

Glaubensfrage: Wie kann ich die Welt ein bisschen besser machen?

Die Auseinandersetzung mit dem inneren Schweinehund sei übrigens gar nicht so weit entfernt von Glaubensfragen, findet Jan-Niklas: „Wie kann ich die Welt ein bisschen besser machen? Was ist denn überhaupt das Ziel unserer Existenz hier? Gibt es da irgendetwas, an das wir uns halten sollten? – Ich glaube dieser Austausch darüber ist ein Grund, warum ich in der Kirche bin.“

Auch Hannah findet: „Beides hat für mich nichts mit Selbstoptimierung zu tun. Mein Glaube ist nicht da, um mich zu optimieren, um die perfekte Christin zu sein. Nein, mein Glaube bringt mir Kraft und speist sich dadurch, dass ich mich mit anderen Menschen auch über Schwächen austausche. Den inneren Schweinehund anzusprechen, hat etwas damit zu tun, mir Kraft zu geben, weitere Impulse aufzunehmen und sich dabei ständig zu reflektieren.“

Es lohnt sich also, jeden Schweinehund zu hinterfragen und an ein Ideal zu glauben. „Nicht, um sich selbst an dem Ideal zu messen, sondern um Alternativen und neue Richtungen zu sehen,“ resümiert Jan-Niklas.

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