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Nach der Wahl: Zusammenhalt der Gesellschaft und Achtung der Menschenwürde sind gefragt
veröffentlicht 23.02.2025
von Christiane Tietz
Statement von Kirchenpräsidentin Christiane Tietz zur Bundestagswahl und zur aktuellen Lage.
Die Menschen in Deutschland und Europa stehen derzeit fassungslos vor der veränderten Sicherheitslage für unseren Kontinent. Bisher geltende Gewissheiten sind ins Wanken geraten. Der dritte Jahrestag des völkerrechtswidrigen Angriffs von Russland auf die Ukraine führt vor Augen, wie sehr die Sehnsucht nach einer friedlichen Welt zur Zeit ins Leere läuft. Nach einem hart geführten Wahlkampf stehen die Parteien in Deutschland nach der Bundestagswahl 2025 vor großen Herausforderungen. Hoffnungsvoll ist die hohe Wahlbeteiligung. Die Menschen setzen auf die Demokratie. Mit Sorge erfüllt mich, dass jede fünfte Stimme an eine populistische Partei ging. Umso wichtiger ist eine stabile Regierung in einer instabilen Welt.
Atemlosigkeit und Enthemmung prägen die politische Lage
Die Verunsicherung führt dazu, dass der Ton insgesamt rauer wird. In sozialen Netzwerken, aber auch in persönlichen Gesprächen prägen Atemlosigkeit und Enthemmung die Stimmung. Andere Menschen abzuwerten, wird als Meinungsfreiheit verkauft. Kritik von Hassrede als undemokratisch verleumdet. Viele sehnen sich nach Orientierung und Hoffnung, nach äußerer und innerer Sicherheit. Darauf hoffen die Menschen hierzulande ebenso wie in der Ukraine, die gerade auf drei Jahre Krieg zurückblicken.
Orientierung bleibt nach Bundestagswahl wichtig
Die biblische Jahreslosung „Prüft alles und behaltet das Gute“ (1. Thessalonicher 5,21) erinnert daran, dass niemand dem Überbietungswettbewerb von steilen Meinungen und spitzen Thesen schutzlos ausgeliefert ist. Sie nüchtern und mit dem Blick der Bibel zu betrachten, kann Orientierung geben. „Gut“ ist , was Menschen dient: was ihnen Auskommen und ein gutes Miteinander verschafft. Diese Orientierung bleibt richtig, auch wenn sie gegenwärtig angefragt wird.
Wunsch an neue Abgeordnete im Bundestag
„Prüft alles und behaltet das Gute“ kann auch ein Wunsch an die neu gewählten Abgeordneten des Bundestags sein. Sie müssen in ihrem Amt nüchtern prüfen, was für die Menschen und unsere menschliche Gemeinschaft gut ist. Aus christlicher Perspektive reicht es dafür nicht aus, Mehrheiten zu bilden. Gut wird politisches Denken und Handeln, wenn es sich für den Schutz der Würde aller Menschen, für Freiheit, Frieden und Gerechtigkeit einsetzt und dem Zusammenhalt der Gesellschaft dient.
Kirche und Diakonie wollen Demokratie stärken
Kirche und Diakonie wollen daran weiter mitarbeiten. Ihr Anliegen ist es, in Worten und Taten die Grundlagen unserer demokratischen Gesellschaft zu stärken. In Worten, indem Kirche und Diakonie von der Würde aller Menschen als Ebenbilder Gottes sprechen und benennen, wo sie die Würde von Menschen nicht ausreichend geachtet sehen. Und in Taten, indem Kirche und Diakonie Menschen ganz konkret in ihrem Lebensalltag unterstützen: In sozialer Beratung, in der Pflege, in Sprachkursen und vielem mehr. Für dieses Ansinnen werden gerade in diesen Tagen viele Engagierte gebraucht. Als Kirche und Diakonie sind wir dankbar für alle, die uns dabei unterstützen.
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