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Eine junge Frau hält einen Rettungsring in der Hand

© Getty Images, Mikhail Seleznev

Suizidprävention: Betroffene, das Umfeld, Schulen, Einrichtungen und politische Rahmenbedingungen könnnen dazu beitragen, dass Menschen auch schwere Krisen überwinden

Empfehlungen zur Suizidprävention für Betroffene, Angehörige und Freunde

veröffentlicht 09.09.2024

von Rita Haering

Wenn Menschen Suizidgedanken äußern, ist das ein sehr ernst zunehmendes Alarmsignal. Neben Hilfsangeboten können Betroffene und das Umfeld dazu beitragen, dass harte Zeiten überwunden werden. Wichtig ist, die Suizidprävention zu stärken.

Schicksalsschläge können jeden treffen und möglicherweise auch an die eignen Grenzen bringen. Doch es gibt Möglichkeiten und Unterstützungsangebote, die dabei helfen, die schwere Zeit zu überwinden, neue Perspektiven zu entwickeln und die Lebensfreude wiederzufinden.
Außerdem können Menschen, die sich belastet fühlen, Folgendes selbst zur Vorbeugung unternernehmen:   

  • Seelische Stärke entwickeln: Stress reduzieren durch Meditations- und Achtsamkeitsübungen, positive Aspekte hervorheben: Was ist schön an meinem Leben?
    Weitere Impulse lassen sich im Resilienz-Guide finden.
  • Einen passenden Umgang mit der eigenen Persönlichkeit entwickeln, um z.B. Stress zu reduzieren,
  • Freundschaften und andere soziale Beziehungen stärken, gegebenenfalls bei Partnerschaftskonflikten eine Paartherapie in Anspruch nehmen,
  • Wer sich oft traurig, einsam, zornig und leer fühlt und manchmal nichts Schönes mehr am eigenen Leben entdecken kann, sollte sich zeitnah über Adressen von Beratungs- und Hilfsangebote informieren und sich evtl. nach einem Therapeuten umschauen,
  • Beratungs- und Hilfsangebote in Anspruch nehmen: Mit einer einfühlsamen Haltung macht sich der Berater ein Bild der Lebensumstände und von Krankheiten des Betroffenen. Dabei sollten auch Gedanken des Betroffenen thematisiert werden, die um eine mögliche Selbsttötung kreisen. Die klare Botschaft in der Beratung sollte sein: Der Betroffene kann aus der Krise kommen! Schließlich werden Hilfsangebote empfohlen, die auf die Bedürfnisse des Gefährdeten abgestimmt sind. So kann z.B. eine psychiatrische Klinik vorgeschlagen werden oder eine ambulante Betreuung.
  • Der Therapeut hat dann die Aufgabe, den Betroffenen durch die Krise zu begleiten und danach zu stabilisieren.
  • Wer sich bereits in einer psychotherapeutischen oder psychiatrischen Behandlung befindet, sollte mit dem Therapeuten einen Krisenplan entwickeln: Was ist zu tun, wenn die Gedanken um eine Selbsttötung kreisen?
  • Die grundsätzliche Bereitschaft des Betroffenen, aus der Krise kommen zu wollen.

Empfehlungen für Angehörige und Freunde zur Suizidprävention

Auch das Umfeld kann dazu beitragen, dass sich Menschen in schweren Momenten aufgefangen fühlen. Wenn ein Familienmitglied oder Freund niedergeschlagen und gereizt wirkt, sollte das soziale Umfeld aufmerksam werden und wertvolle Unterstützung anbieten. Mögliche Situationen sind: Jemand hat gerade eine Scheidung hinter sich oder hat seinen Arbeitsplatz verloren. Wichtig ist allerdings auch, seine persönlichen Grenzen zu akzeptieren.

So lässt sich einem Menschen in einer Krise beistehen:

  • Mit empathischer Haltung das Gespräch zu einem Familienmitglied oder Freund suchen.
  • Nachfragen, wenn ein Familienmitglied oder Bekannter bedrückt oder gereizt wirkt, eventuell Probleme andeutet oder gar erwähnt, dass er keinen Sinn mehr ihm Leben sieht. Denn die Mehrzahl der Personen, die sich selbst das Leben genommen haben, haben kurz vorher über Tod, das Sterben oder Selbsttötung gesprochen. Ein Gespräch ist die Voraussetzung, um Betreffende auf passende, professionelle Hilfsangebote aufmerksam machen zu können.
  • Im Gespräch konkret nachfragen, ob der Betroffene schon daran gedacht hat, nicht mehr leben zu wollen.
  • Aufmerksam werden, wenn zum Betreffenden kein Blickkontakt mehr entstehen kann.
  • Betonen, dass der Betroffene aus der Krise kommen kann und dass es dafür passende Unterstützungs- und Beratungsangebote gibt. Möglicherweise glaubt dies der Betroffene nicht gleich, deshalb auch wiederholen.
  • Adressen von Beratungsstellen und Therapiemöglichkeiten zusammenstellen und mitteilen, bzw. gemeinsam eine Adressliste zusammen stellen,
  • Dran bleiben: Immer wieder nach dem Befinden fragen, nachhaken sowie auf die Wirksamkeit von Behandlungen hinweisen.
  • Da sich vor allem ältere Menschen über 50 Jahren das Leben nehmen, sollten Familienmitglieder und Bekannte darauf achten, regelmäßig mit ihnen zu telefonieren, sie besuchen und eventuell Kontakt mit dem Pflegepersonal aufnehmen.
  • Die eigenen Grenzen kennen, akzeptieren und auf das professionelle Hilfesystem verweisen.

Hinweis

Wir berichten nur über Selbsttötungen, um mit den entsprechenden Informationen vorbeugend wirken zu können. Wenn Sie sich selbst betroffen fühlen, kontaktieren Sie bitte umgehend die Telefonseelsorge (www.telefonseelsorge.de). Unter der kostenlosen Telefon-Hotline 0800-1110111 oder 0800-1110222 erhalten Sie Hilfe von Beraterinnen und Beratern rund um die Uhr, an jedem Tag im Jahr. Die Beratenden konnten schon in vielen Fällen Auswege aus schwierigen Situationen aufzeigen. Der Anruf bei der Telefonseelsorge ist kostenfrei. Zusätzlich bietet die Telefonseelsorge eine E-Mail- sowie eine Chat-Beratung an.

Quelle:
  • Dr. Thomas Götz, Gründer des „Frankfurter Netzwerks für Suizidprävention“ (FRANS) und ehem. Abteilungsleiter Psychiatrie des Gesundheitsamtes Frankfurt 

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