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Mit Worten: Martin Luther kritisierte mit seinen 95 Thesen damalige Missstände - er verschickte seine Gedanken in einem Schreiben. Dann verbreiteten sich die Thesen durch Drucke.

Die Reformation: Martin Luthers Thesenanschlag – eine Kritik an Missständen

veröffentlicht 27.09.2024

von Online-Redaktion der EKHN, RH, LN

Mit seinen 95 Thesen trat Martin Luther am 31. Oktober 1517 gegen Missstände an. Seine mutigen Aktionen brachten Veränderungen ins Rollen, die bis heute inspirieren. Hier werden die Bedeutung und Hintergründe des Reformationstages beleuchtet.

Die Ereignisse der Reformation erinnern daran, wie wichtig es ist, gegen Missstände zum passenden Zeitpunkt aufzustehen und für Integrität einzutreten. Sie ermutigen auch dazu, den eigenen Glauben immer wieder neu zu befragen und auszurichten. Deshalb lohnt eine gedankliche Zeitreise ins 16. Jahrhundert in die Zeit der Reformation:

Im Mittelalter: Angst vor Fegefeuer und Hölle

Auch im Mittelalter war das Leben nicht frei von Verfehlungen wie Lügen, schlechten Gedanken oder Schlimmerem. Wer viele Sünden begangen hatte, fürchtete nach dem Tod ewige Strafen in der Hölle. Bei kleineren Vergehen landete man nach damaliger Vorstellung im Fegefeuer, wo man die Chance bekam, sich zu bessern und schließlich in den Himmel zu kommen.

Ablasshandel als scheinbare Möglichkeit, sich von Sünden freizukaufen

Diese Vorstellungen erzeugten große Angst unter den Menschen. Die römisch-katholische Kirche erklärte, dass durch Gebete, gute Werke und Geldspenden die Zeit im Fegefeuer für verstorbene Angehörige verkürzt werden könne. Diese Gnadenakte, mit denen Sündenstrafen erlassen wurden, nennt man Ablass. Der Ablasshandel entwickelte sich zunehmend zu einem kommerziellen Geschäft: Menschen kauften Ablassbriefe, um sich von Sünden freizukaufen. Die Worte des Ablasspredigers Johann Tetzel sind kennzeichnend: „Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Fegefeuer springt.“

Reformation: Kritik am Ablasshandel

Der damalige Augustinermönch Prof. Dr. Martin Luther missbilligte diese Praxis. In seinen 95 Thesen, die er am 31. Oktober 1517 veröffentlichte, kritisierte er den Ablasshandel scharf. So heißt es in der 27. These: "Lug und Trug predigen diejenigen, die sagen, die Seele erhebe sich aus dem Fegfeuer, sobald die Münze klingelnd in den Kasten fällt."

Jeder wahrhaft reumütige Christ erlangt vollkommenen Erlass von Strafe und Schuld; der ihm auch ohne Ablassbriefe zukommt.

Martin Luther (36. These)

Luther war überzeugt, dass Vergebung und Gnade nicht käuflich sind, sondern allein von Gott geschenkt werden. Das wird in der 36. These deutlich: "Jeder wahrhaft reumütige Christ erlangt vollkommenen Erlass von Strafe und Schuld; der ihm auch ohne Ablassbriefe zukommt." Martin Luther vertrat zudem die Auffassung, dass sich der Ablasshandel nicht mit der Bibel begründen lasse. Seine Einwände gegen die Ablasspraxis formulierte er in seinen Thesen, mit denen er ein akademisches Lehrgespräch anregen wollte, um die katholische Kirche zu reformieren.

epd-Video zur Bedeutung des Reformationstages

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Politische Brisanz

Gerade wenn Geld und Macht zu großen Einfluss bekommen, zeigt Luthers Missbilligung der Ablasspraxis: Das Wesentliche kann nicht erkauft werden.
Denn Martin Luthers Kritik am Ablasshandel gewann zusätzlich durch politische Ereignisse an Brisanz. Albrecht von Brandenburg wollte zum Erzbischof von Mainz und Erzkanzler des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation gewählt werden und benötigte dafür die Bestätigung des Papstes. Dafür musste Albrecht eine hohe Geldsumme zahlen, die er jedoch nicht hatte. Um die Schulden zu begleichen, führte er den „Petersablass“ ein. Ein Teil der Einnahmen sollte auch den Neubau der Peterskirche in Rom finanzieren. Diese Vermischung von Geld, Politik und Glaube empfand Luther als skandalös, und seine 95 Thesen fanden große Zustimmung in der Bevölkerung

Wie ging es nach der Veröffentlichung der 95 Thesen weiter?

Seine Gegner wollten Martin Luther als Ketzer beim Papst anzeigen, woraufhin Luther in Augsburg verhört wurde. Nachdem der Papst mit einer Bann-Androhungsbulle warnte, Martin Luther aus der Kirche auszuschließen, verbrannte Luther die Bulle öffentlich. 1521 sprach der Papst tatsächlich den Bann über Luther aus und die Vorladung durch den Kaiser in Worms erfolgte. Nachdem Luther vor dem Kaiser nicht bereit war, von seinen Thesen abzurücken, machte er sich auf die Heimreise. Bei  einem Schein-Überfall wurde er zur Sicherheit auf die Wartburg bei Eisenach gebracht. Die Sorge um Luthers Überleben war nachvollziehbar, denn ein reformatorischer Vordenker wie Jan Hus wurden ein Jahrhundert zuvor auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Die Zeit auf der Wartburg verbrachte Luther mit der Übersetzung des Neuen Testaments der Bibel ins Deutsche. Aus der Reformation gingen schließlich die evangelischen Kirchen hervor. Der Augsburger Religionsfriede vom 25. September 1555 gab den Fürsten oder Landesherren schließlich das Recht, auf ihrem Gebiet die katholische oder evangelische Konfession zu bestimmen.
Luthers Grundsätze wirken sich bis heute im Leben der protestantischen Kirchen aus.

Ablass heute?

Längst ist der Ablasshandel auch in der katholischen Kirche verboten, ein katholischer Christ zahlt kein Geld mehr für einen Ablass. Allerdings gibt es noch die Ablasspraxis in der katholischen Kirche, also den Nachlass zeitlicher Sündenstrafen. Dieser Ablass ist aber mit der Beichte, der Heiligen Kommunion, einem Gebet und anderen Glaubenspraktiken verbunden.

Auch Luthers Schriften widerfährt unmissverständliche Kritik 

In anderen Schriften hat Martin Luther nicht nur konstruktive Kritik geübt. So gelten Luthers Äußerungen zum Umgang mit Juden als menschenfeindlich. Deshalb haben sich evangelische Kirchen von Martin Luthers judenfeindlichen Schriften distanziert. In der EKD-Stellungnahme von 2015 heißt es, dass dem Erschrecken über theologische Irrwege und dem Wissen um Schuld am Leid der Juden eine besondere Verantwortung erwachse, jeder Form von Judenfeindschaft entgegenzutreten. Besonders am 9. November und dem Holocaustgedenktag erinnern auch evangelische Christ:innen und Christen an das unfassbare Leid, das Jüdinnen und Juden aufgrund von Antisemitismus vor allem während des Nationalsozialismus widerfahren ist.

Quellen:

  • Luise Schorn-Schütte: Die Reformation. München, 2003
  • Josef Quadflieg: Die Geschichte des Christentums, Düsseldorf 2002
  • Domradio: Der Gnadenschatz der Kirche, 31.05.2016 
  • EKD: Die EKD-Synode distanziert sich von Luthers Judenfeindschaft, 11.11.2015

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