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Aramäisch - die Sprache Jesu

veröffentlicht 01.10.2023

von Wael Deeb

Aramäisch gilt als die Muttersprache Jesu. Deshalb gehen Theolog:innen davon aus, dass Jesu das "Vater unser" auf aramäisch gesprochen hat: „Abwûn d'bwaschmâja“.

Abwûn d'bwaschmâja“  heißt „Vater unser“ auf aramäisch. Theologen halten es für möglich, dass Jesu sein berühmtes Gebet auch auf aramäisch gesprochen hat. Aramäisch gilt als die Muttersprache Jesu. Überliefert wurde das Gebet allerdings in der griechischen Version. Das Aramäische gilt als eine der ältesten Sprachen der Welt. Im Laufe der Jahrtausende entwickelte sich die Sprache weiter: In der Zeit Jesu wurde Mittelaramäisch gesprochen, heute verständigen sich die Sprecher auf Neuaramäisch, zu dem mehrere Dialekte gehören. 

Einer seltenen Sprache auf der Spur

Doch immer weniger Menschen sprechen Aramäisch. Deshalb hatte sich EKHN-Reporter Wael Deeb auf den Weg gemacht und Yusuf Hourani in Butzbach besucht, der noch fließend neuwestaramäisch spricht. Yusuf Hourani ist im Jahr 2015 wegen des Krieges in Syrien nach Deutschland gekommen. Yusuf Hourani arbeitet heute als Hausmeister in der katholischen Kirche in Butzbach neben seiner freiwilligen Arbeit bei der Tafel. Seit seiner Ankunft zu Hessen lernt Yusuf Hourani Deutsch und bemüht sich gleichzeitig, seine aramäische Sprache zu pflegen. Hier vermittelt er einen Eindruck, wie das Aramäische klingt:

Kleiner Aramäisch-Kurs mit Yusuf Hourani

Alltag mit zwei Sprachen

Yusuf Hourani erzählt, welchen Platz das Aramäische im Alltag in Deutschland hat. „Ich erlebe meine Träume immer noch auf Aramäisch. Aramäisch  ist die Sprache meiner Eltern und Großeltern. Sie ist ein wesentlicher Teil meiner Erinnerungen und meiner Vergangenheit. Ich wiederhole immer wieder viele aramäische Gesänge in aramäischer Sprache.“

Yusuf Hourani  stammt aus dem Dorf Maaloula, einem der wenigen Dörfer in Syrien, dessen Einwohner aramäisch sprechen. Er ist stolz darauf, zu einer Minderheit zu gehören, die Aramäisch spricht. Er hat es von seiner Familie gelernt, aber er kann es nicht schreiben. „Nur wenige aramäische Sprecher können schreiben. Die aramäischen Schriftzeichen, die Zeichnungen sehr ähnlich sind, sind fast verschwunden.“

In seinem Dorf Maaloula lernt die Bevölkerung Aramäisch durch das Sprechen und überträgt die Sprache dann von Generation zu Generation. Seit vielen Jahren hat die syrische Regierung dem aramäischen Sprachunterricht nicht viel Aufmerksamkeit gewidmet. Durch den Krieg sind viele Aramäer ausgewandert. Vor kurzem wurden mehrere Institute im Maaloula eröffnet, um Aramäisch zu unterrichten.

Kinder können nicht fließend sprechen

Yusuf Hourani  beschreibt Aramäisch als reiche und vielfältige Sprache. „Aramäisch zu lernen ist ähnlich schwer wie in das Deutsche einzutauchen. Der Sprecher kann viele der Wörter in der syrischen Sprache und in der hebräischen Sprache verstehen“.

Bis heute kommuniziert Yusuf Hourani mit seinem Vater in Syrien auf Aramäisch. In Deutschland sieht es anders aus. „Meine Verwandten und Freunde, die Aramäisch sprechen, sind wenige und in ganz Deutschland verstreut.“

Yusuf Hourani bemüht sich, seinen Kindern die aramäische Sprache beizubringen, stößt jedoch auf viele Schwierigkeiten. „Meine Frau spricht kein Aramäisch, daher konnten meine Kinder die Sprache nicht gut lernen. Meine Kinder kennen viele Vokabeln, können aber nicht fließend sprechen.“

Wie lässt sich eine seltene Sprache pflegen?

Die Antwort auf diese Frage ist für Yusuf Hourani die größte Herausforderung. Er arbeitet daran, die Liebe zur aramäischen Sprache in seinen Kindern zu wecken. „Ich bin ständig auf der Suche nach aramäischen Sprechern in Deutschland. Durch die Kommunikation wird sie wiederbelebt. In Deutschland gibt es viele Institute, die Aramäisch unterrichten. Ich habe große Hoffnung, dass meine Kinder in einer dieser Bildungseinrichtungen  weiterhin Aramäisch lernen werden“, so  Yusuf Hourani.

Aramäisch - eine gefährdete Sprache

Aramäisch gilt als die Sprache Jesu. Doch zu seinen Lebzeiten wurde in Galiläa auch griechisch gesprochen, in Jerusalem aramäisch und hebräisch. Nach seinem Tod blieb seine Sprache über Jahrtausende erhalten. In mehreren christlichen Kirchen des Ostens wurde Aramäisch in den Gottesdiensten gesprochen und bis heute ist es Liturgiesprache geblieben. In christlichen und jüdischen Gemeinden überdauerte die Sprache in abgelegenen Gegenden Syriens, der Türkei, des Iraks und Irans.

Doch seit rund 150 Jahren stehen diese Minderheiten auf unterschiedliche Weise unter Druck, sie haben vor allem durch die massiven Verfolgungen des so genannten Islamischen Staates und anderer Terrormilizen gelitten. Deshalb hat ein großer Teil der aramäisch sprachigen Bevölkerung ihre Heimat verlassen. Juden sind nach Israel ausgewandert, Christen in den Westen. Durch die Situation der Zerstreuung ist es für die aramäisch sprachigen Gruppen schwierig, ihre Sprache an die nächste Generation weiterzugeben. 

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