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Buße – Hausputz für die Seele
veröffentlicht 26.10.2021
von Heike Gels
Die Impulspost zum Thema "Buße – Hausputz für die Seele" ermutigte dazu, einen Blick unter den eigenen Teppich zu wagen. Denn wer einen Hausputz machen will, muss bereit sein, den eigenen Schmutz sehen und beseitigen zu wollen. Ihn nicht mehr unter den Teppich zu kehren, sondern ihn hervorzuholen.
Genau das meint das Wort Buße:
„umdenken, umkehren und sich neu ausrichten“
Aufräumen wagen – Erleichterung entdecken
Dabei tut es gut, zu entdecken, wie entlastend das Eingeständnis der eigenen Grenzen und der eigenen Schuld sein kann. Gott kann sie vergeben. Aus der Vergebung und der Liebe Gottes kann die Kraft erwachsen, dass wir uns selbst und einander vergeben können.
Blick unter den Teppich
Der Perfektionismuswahn hat unsere Gesellschaft fest im Griff. Die Erwartungen sind enorm hoch – an die anderen und an uns selbst. Aber wer von uns kann auf ein lupenreines Leben, ein tadelloses Verhalten in allen Belangen blicken? Viel zu oft geht es leider nur darum, was wir drauf haben. Und dabei wird gern verschwiegen, was wir drunter haben. Haben wir nicht alle etwas unterm Teppich?
Die Bibel spricht eine ganz andere Sprache. Perfektionismus ist unmenschlich. Vergebung ist möglich. Gnade ist garantiert. Es ist uns angeraten, unsere Fehler als solche zu benennen, loszulassen, umzukehren und Gnade zu erfahren. Dabei geht es nicht darum, unser Innerstes hemmungslos offenzulegen. „Das Geheimnis ist eine der größten geistigen Errungenschaften der Menschheit“, formulierte der Soziologe Georg Simmel im Jahr 1906. Aber es gibt vieles, das uns unnötig belastet und uns und anderen das Leben schwer macht.
„Kommt alle her zu mir, die ihr euch abmüht und unter eurer Last leidet! Ich werde euch Ruhe geben.“
Jesus Christus Matthäus Kapitel 11, Vers 28
Aufräumen, aber wie?
Schuld gefährdet das Leben auf vielfache Weise. Loswerden – geht nicht. Sie bleibt bestehen, aber sie kann vergeben werden. Niemand kann das selbst für sich tun. Das kann nur der Geschädigte. Aber jeder kann dafür die Voraussetzung schaffen und die eigene Schuld offenlegen, sie bereuen und dann etwas verändern. Dafür stehen im Christentum die Worte Reue und Buße. Gottes Liebe gilt uns auch weiterhin. Sie gibt uns die Kraft für Veränderung, für Umkehr und einen Neuanfang.
- Wer ernsthaft aufräumen möchte, muss den Blick auf die Bereiche richten, über die wir sonst lieber hinweg sehen. Ein bewusster, stiller Moment kann dabei helfen.
- Gedanken aufzuschreiben, kann erleichtern.
- Auch das Aussprechen vor Gott im Gebet oder vor einer Vertrauensperson hilft, klar Schiff zu machen. Evangelische Gottesdienste laden ein, Schuld vor Gott zu bringen. Gebete und Lieder drücken aus, wofür wir manchmal keine Worte finden. Besonders im Abendmahl kommt Gott uns Menschen nah. In einer Beichte kann auch Schuld vergeben werden für Taten, die nicht wieder gutzumachen sind. Eine Beichte hat Platz in einem Gespräch mit einem Seelsorger oder einer Seelsorgerin.
- Eine symbolische Handlung kann dabei unterstützen, die Lasten loszuwerden und loszulassen.
- Das biblische Wort „Buße“ bedeutet Umkehr, Sinneswandlung. Diese wirkt sich auf die ganze Existenz und das zukünftige Verhalten aus. Überlegen Sie, wie Sie es vermeiden, Dinge unter den Teppich zu kehren.
- Manche Sachen sind zu schwerwiegend, um sie allein anzuschauen. Suchen Sie sich Helferinnen und Helfer, die Sie beim Aufräumen der Seele begleiten und beraten. Wenn Sie Kontakt zu einem Seelsorger oder einer Seelsorgerin suchen, können Sie sich an Ihre Kirchengemeinde wenden.
Theologisches Begriffslexikon
Zusammengestellt von Helmut Frank
Schuld – ein Teil unseres Lebens
Schuld gefährdet das Leben auf vielfache Weise. Ich möchte sie am liebsten loswerden. Doch das geht nicht. Sie bleibt bestehen, aber sie kann vergeben werden. Selbst kann ich das für mich nicht tun, das kann nur der Geschädigte. Aber ich kann dafür die Voraussetzung schaffen, indem ich meine Schuld offenlege, sie bereue und dann etwas verändere.
Schuldig werden ist menschlich, verzeihen auch
Menschen handeln, werden schuldig an anderen und an sich selbst und Menschen verzeihen einander. Das ist normal. Es war die Philosophin Hannah Arendt, die darauf hingewiesen hat, dass Verfehlungen alltägliche Vorkommnisse sind, die sich schlicht aus der Natur des Handelns ergeben (Vita activa – oder Vom tätigen Leben, Stuttgart 1960).
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