Wachendörfer
Waltraud Frodien
veröffentlicht 09.05.2024
von Britta Jagusch
Waltraud Frodien war die erste Dekanin in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau. 1980 gewählt, übte sie ihr Amt 18 Jahre lang in Frankfurt aus. Wie andere evangelische Theologinnen musste auch die 1936 geborene Waltraud Link - als Frau im Berufsleben - Einschränkungen hinnehmen.
Erste Lehrvikarin in Wiesbaden
Waltraud Link studierte von 1956 bis 1962 Theologie und legte das erste kirchliche Examen in Mainz ab. Das theologische Seminar in Friedberg besuchte sie gemeinam mit ihrem späteren Ehemann Michael Frodien. 1962 bis 1964 war sie Lehrvikarin in Wiesbaden und die erste Frau nach 24 männlichen Vorgängern. Grund genug für den damaligen Gemeindepfarrer, ein grafologisches Gutachten über die Befähigung der jungen Frau einzuholen.
Heirat beendete kirchlichen Dienst
Trotz des anfänglichen Misstrauens arbeitete Waltraud Frodien im Jugendkreis, hielt Gottesdienste und war berechtigt, alle Amtshandlungen selbstständig auszuführen. Ihr Lehrpfarrer war erstaunt, dass es von Seiten der Gemeinde keinerlei Widerstände gegen einen weiblichen Vikar gab. Doch der berufliche Weg endete abrupt nach der Heirat. Waltraud Frodien musste den kirchlichen Dienst verlassen. Sie fiel unter das 1959 von der EKHN erlassene Pfarrerinnengesetz, das eine Ausscheidungsplicht für verheiratete Theologinnen vorsah. Anders als ihrem Ehemann Michael Frodien blieb ihr die Ordination ins Pfarramt vorerst verwehrt.
Von der Vikarin zur Pfarrerin
1965 ging das Ehepaar zunächst nach Jerusalem. Michael Frodien wurde Pfarrer an der Erlöserkirche, beide unterrichteten in einer arabisch-evangelisch-lutherischen Schule. Nach ihrer Rückkehr übernahm Michael Frodien die Pfarrstelle in Kelkheim-Hornau, Waltraud Frodien wurde Pfarrfrau. 1970 wechselte Michael Frodien in die Öffentlichkeitsarbeit in Frankfurt. Die vakante Pfarrstelle in Kelkheim konnte Waltraud Frodien als Pfarrvikarin übernehmen, da ab 1970 nun auch verheiratete Theologinnen ins Pfarramt ordiniert werden durften. 1972 wurde sie in die Frankfurter Emmaus-Gemeinde berufen und dort ordiniert.
Erste Frau im leitenden geistlichen Amt
1980 wurde Waltraud Frodien von der Dekanatssynode Frankfurt-Dornbusch zunächst zur Stellvetreterin des Dekans gewählt, im Herbst des gleichen Jahres zur ersten Dekanin in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau. Erst sechs Jahre später wurde eine zweite Frau innerhalb der EKHN Dekanin. 1995 bekleideten in 61 Dekanaten fünf Frauen diese Aufgabe, während in Frankfurt die zweite Dekanin erst 1997 gewählt wurde.
Intensive Kontaktpflege und Begleitung
1980 war das Dekanatsamt noch kein Hauptamt, regelmäßige Personalgespräche waren nicht verpflichtend. Waltraud Frodien pflegte aber gerade die Kontakte zu den Kolleginnen und Kollegen und begleitete intensiv die Wechsel der Pfarrer und Pfarrerinnen in den Gemeinden. Die Menschen lagen ihr am Herzen, in all ihrer Vielfältigkeit. Die Anwältin der Menschen wurde 1989 zum zweiten Mal zur Dekanin gewählt und übte ihr Amt 18 Jahre mit viel Engagement aus.
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