Evangelische Kirche in Hessen und Nassau
Ute Knie steht im Saal der Evangelischen Akademie Frankfurt und trägt ein rotes Shirt

Christoph Riemer

Immer im Einsatz für Geschlechtergerechtigkeit: Netzerkerin und Pfarrerin Ute Knie.
  • Frauen

Ute Knie

veröffentlicht 27.08.2024

von Britta Jagusch

Ute Knie ist Theologin, Pädagogin und Netzwerkerin. Ihr Lebensthema Gerechtigkeit prägt ihr frauen- und kirchenpolitisches Engagement, ob als Wegbereiterin der Bibel in Gerechter Sprache, als Mitgründerin der Werkstätten Feministische Theologie oder im Einsatz für Frieden und Frauenrechte.

Inspiriert durch die Befreiungstheologie

Ute Knie, geboren am 1. Februar 1950 in Schlierbach (Brachttal), entdeckte im Religionsunterricht die Befreiungstheologie. Eine Theologie, die die Unterdrückten und Entrechteten im Blick hatte und gesellschaftliche Veränderungen forderte. Eine Motivation für Ute Knie, neben Pädagogik auch Theologie zu studieren. Die Jahre ihres Studiums in Frankfurt, Berlin und Marburg waren geprägt von der Frauenbewegung der 68er.

Engagiert in der Frauenarbeit

Ute Knie arbeitete in autonomen Frauenzentren und führte Beratungen zu §218 StGB durch. Die gesellschaftlichen Missstände bewegten die junge Studentin. „Da mussten Frauen mit vier Kindern aus Bayern zu uns nach Frankfurt kommen, um sich unterstützen zu lassen“, erinnert sich Ute Knie. „Das hat mich bestärkt, für Frauenrechte einzutreten.“ Ihr politisches und pädagogisches Engagement fand zunächst getrennt von ihrem Theologiestudium statt. „Es waren zwei Parallelwelten“, sagt Ute Knie. Von ihren Mitstreiterinnen wurde ihr Interesse an der Theologie nicht verstanden. „Die meisten fanden die Bibel und die kirchlichen Strukturen unterdrückend, gerade für Frauen.“ Erst die Berührung mit Dorothee Sölle und ihre Politischen Nachgebete vereinten beide Welten und bestärkten Ute Knie in ihrem Engagement.

Theologie, Spiritualität und Politik gehören für mich zusammen

Ute Knie

Als Pfarrerin erste Frauengruppe gegründet

Politische und Feministische Theologie begleiteten ihren weiteren Lebensweg. 1973 machte sie ihren Magister in Theologie und Pädagogik, 1976 folgte das Erste Theologische Examen, 1979 wurde sie zur Pfarrerin der EKHN ordiniert und machte ihr Pfarrvikariat in Frankfurt-Sossenheim. Die Frauen aus der Gemeinde waren begeistert von der jungen aktiven Pfarrerin. Ute Knie gründete in der Gemeinde die erste Frauengruppe, ein Gemeindebrief mit der Nummer 0 entstand. Doch die Eigeninitiative traf im Kirchenvorstand auch auf Widerstand.

Ute Knie trägt einen schwarzen Talar mit weißem Kragen und steht vor einem Busch

Frischmann

Ute Knie machte ihr Pfarrvikariat in Frankfurt-Sossenheim.

„Frau, Macht, Kirche“ - bewegende Zeiten

1980 wurde Ute Knie Pfarrerin an der Evangelisch-lutherischen Zachäusgemeinde in Frankfurt Niederrad. Sie war viele Jahre Mitorganisatorin der Pfarrerinnentage. Von 1982 bis 1989 organisierte und leitete sie gemeinsam mit Eva Renate Schmidt und Helga Trösken Seminare zum Thema „Frau, Macht, Kirche“. „Es war eine unglaublich bewegende Zeit“, sagt Ute Knie.

Wir wollten Frauen vernetzen und sie stärken, ihre Macht sinnvoll zu nutzen in der Kirche, in der Sprache, der Gemeindeleitung und in übergemeindlichen Funktionen.

Ute Knie

Friedensarbeit und Feminististische Theologie

Ute Knie gründete das Netzwerk Frauen in der EKHN und organisierte mit anderen Frauen 1983 die erste Werkstatt Feministische Theologie. Sie gehörte zur kirchenpolitischen Gruppe „Frauen-Frieden“, die sich für Abrüstung und gegen Rassismus und Apartheid stark machte, aber auch die Frage von Gerechtigkeit für Frauen innerhalb der Kirche und der Theologie in den Mittelpunkt rückte.

Ute Knie sitzt inmitten vieler Menschen im Garten, es wird gelacht, musiziert, sich unterhalten

Christoph Riemer

Ute Knie beim Bibliodrama-Workshop im Burckkhardthaus.

Widerstandstag und erste Frauenanhörung

„1983 gab es einen ersten Widerstandstag der Frauen in der Kirchenverwaltung, in es ging um die Frage von Frauenrechten und theologische Fragen“, berichtet Ute Knie. 1986 folgte eine Erste Frauenanhörung in der EKHN, in der Frauen ihre Forderungen an die Kirchenleitung vortrugen: „Wir wollten eine Frauenarbeitsstelle, ein Friedenspfarramt mit einer Pfarrerin besetzt, mehr Frauen in Leitung und die Stärkung des Ehrenamts – und wir hatten damit Erfolg.“

Über 400 Frauen sitzen in einem Saal in Darmstadt, mehrere Frauen sitzen auf dem Boden mit dem Rücken zur Kamera. Das Bild ist schwarz-weiß

privat

Rund 450 Frauen und 50 Männer nahmen an der ersten Frauenanhörung der EKHN 1986 teil. Die Forderungen der Frauen erhielten viel Zustimmung und bewirkten unter anderem die Einrichtung einer Arbeitsstelle Frauen in der Kirche.

Einsatz für Gerechte Sprache

Von einer Studienreise in die USA brachte Ute Knie ein „Inklusiv Language Lectionary“ als Anregung zur Bibel in gerechter Sprache mit. 1987 war sie Mitgründerin der ökumenischen Initiative „Gerechte Sprache in Gottesdienst und Kirche“. Im gleichen Jahr veröffentlichte sie gemeinsam mit Hanne Köhler und Hildburg Wegner die Publikation „Gerechte Sprache in Gottesdienst und Kirche“. Erstmals wurden dabei Bibeltexte des Kirchentags in Frankfurt in frauengerechter, inklusiver Sprache übersetzt.

Ute Knie und Eva Renate Schmidt sitzen auf Papphockern in einer Halle des Kirchentages in Frankfurtund machen sich Notizen

privat

Ute Knie (l.) und Eva Renate Schmidt auf dem Frauenforum des Kirchentags in Frankfurt 1987.

Gerechtigkeitsarbeit ganz praktisch

Gerechtigkeitsarbeit fand aber auch ganz praktisch statt, regelmäßig besuchte Ute Knie mit ihren Mitstreiterinnen die Synode und beobachtete, wie oft sich Synodalinnen an Abstimmungen aktiv beteiligten. „Wir haben uns dann mit den Frauen getroffen, und sie ermutigt, stärker für ihre Themen einzutreten.“

Bundesweite Netzwerkarbeit

Neben dem Netzwerk Frauen in der EKHN entstanden bundesweit Netzwerke zur Feministischen Theologie und internationale Frauensynoden - mit dabei: Ute Knie. 1994 fand die Erste Deutsche Frauensynode in Gelnhausen statt.

Vier Frauen unterschiedlicher nationaler Herkunft stehen nebeneinander in einer Reihe untergehakt

privat

Internationaler Frauensommer in Gelnhausen in den 1990er Jahren mit Monika Astrid Kittler, Yvonne Gebara, Ute Knie und Maricel Mena Lopez (v.l.).

Protestwelle Frauenarbeitsstelle

Als die Frauenarbeitsstelle geschlossen werden soll, initiieren die Frauennetzwerke, allen voran Ute Knie, die „Protestwelle Frauenarbeitsstelle“. Mit Anzeigen, Demonstrationen, Plakaten, blauen Schals und Buttons findet der Protest Gehör.

Vom Burckhardthaus zum Zentrum Bildung

Von 1990 bis 2000 ist Ute Knie Dozentin und stellvertretende Direktorin im Burckhardthaus Gelnhausen, einer bundeszentralen Fortbildungseinrichtung der EKD. Sie leitet den Programmbereich „Lebendige Theologie, Bibliodrama und Feministische Liturgie“. Von 2001 bis 2006 leitet sie das neu gegründete Zentrum Bildung der EKHN  in Darmstadt mit den Fachbereichen Kindertagesstätten, Jugendarbeit und Erwachsenenbildung.  Sie engagiert sich für einen gemeinsamen Bildungskongress und organisiert „Bildungs-Talks“ in Kooperation mit der Evangelischen Fachhochschule Darmstadt.

Vier Frauen und zwei Männer stehen in Altaren mit gemusterten Stolas

privat

Festgottesdienst zur Jubiläumsfeier: 100 Jahre Burckhardthaus.

Gestalterin Evangelischer Akademien

2006 übernimmt sie die Leitung der Evangelischen Stadtakademie in Frankfurt. Sie prägt den neuen Markennamen „Römer9“ und macht damit eine zentrale Stelle des Protestantismus in der Mitte von Frankfurt sichtbar. Später gestaltet sie die Fusion von Evangelischer Akademie Arnoldshain und Römer9 zur Evangelischen Akademie Frankfurt mit. Beide Institutionen profitieren von der Fusion und entfalten ein neues Profil an einem prominenten Ort in der Metropole. Bis 2013 ist Ute Knie stellvertretende Direktorin dieser neuen Evangelischen Akademie Frankfurt.

Frauenbewegung und Intersektionalität

Bis heute engagiert sich Ute Knie für Frieden, die Arbeit mit Geflüchteten und Migrant*innen, Frauen und Gerechtigkeit, bringt Menschen zusammen und initiiert Projekte. Eines davon ist das Online-Projekt „Frauenbewegung der EKHN“. „Es ist wichtig, die Errungenschaften von Frauen in die Öffentlichkeit zu bringen und Frauen zu vernetzen “, so Ute Knie. Dabei sei es wichtig, intersektional zu arbeiten und Frauen unterschiedlicher religiöser und kultureller Hintergründe miteinzubeziehen.

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