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Ursula Merck
veröffentlicht 15.05.2024
von Britta Jagusch
Ursula Merck war Mitglied der Kirchenleitung der EKHN und Vorsitzende der Evangelischen Frauenhilfe. Sie engagierte sich für die weltweite Ökumene und im Anti-Rassismus-Programm des Ökumenischen Rats der Kirchen.
Von München nach Darmstadt
Ursula Merck wurde 1922 als Ursula Lange in München geboren. Ihre Mutter ließ sich 1935 scheiden und nahm sich 1937 das Leben – offensichtlich um die Familie vor Nachstellungen zu schützen, da sie nach den Nürnberger Gesetzen als Volljüdin galt. Nach dem Tod des Vaters 1938 überlebten Merck und ihr Bruder die NS-Zeit im schützenden Umfeld eines bayerischen Internats, in der Obhut eines Vormunds, eines Breslauer Pfarrers, und weiterer guter Freunde. Sie machte Abitur und arbeitete als chemisch-technische Assistentin bis Eberhard Brockhaus 1945 heiratete, der 1947 tödlich verunglückte. Sie blieb als Mitarbeiterin im Verlag Brockhaus tätig bis zur Eheschließung mit dem Darmstädter Emanuel Wilhelm Merck 1949.
Doppeleinsatz für die Frauen
In Darmstadt engagierte sich Merck seit 1967 im Kirchenvorstand der Stadtkirchengemeinde und in der Synode des Evangelischen Dekanats Darmstadt-Stadt. Ursula Mercks besondere Rolle für die Frauenbewegung erklärt sich aus zwei parallel laufenden Entwicklungen: 1972 bis 1977 gehörte sie zur Kirchenleitung der Landeskirche. Von 1973 bis 1977 war sie darüber hinaus Vorsitzende der Frauenhilfe und anschließend bis 1981 stellvertretende Vorsitzende der Frauenhilfe.
Antirassismus und Südafrika-Boykott
Als Frau unter Männern lernte sie in der Kirchenleitung ihre Meinung und die Position ihres Verbands zu vertreten. Als Delegierte der Weltkirchenkonferenz in Nairobi 1975 vertiefte sie ihr Engagement für die weltweite Ökumene und das Anti-Rassismus-Programm des Ökumenischen Rats der Kirchen. Die Probleme in Südafrika lagen ihr besonders am Herzen. Zur schnellen Beendigung des dortigen Apartheids-Regimes hoffte sie durch Beteiligung am Früchteboykott beizutragen.

Ev. Frauenarbeit in Deutschland
„Bunter Vogel“ mit kritischem Geist
Als „bunten Vogel“ bezeichnete Ursula Merck sich gern selbst aufgrund ihrer Biografie und der Erfahrungen ihres Lebens. In der Jugend von den Nürnberger Rassegesetzen betroffen, lernte sie staatliche Repression und Ausgrenzung früh kennen. Durch ihre finanzielle und intellektuelle Unabhängigkeit war sie offen für Neues und misstrauisch gegen Etabliertes. Im Verband war sie eine loyale, aber kritische Frau unter Frauen. Ursula Merck starb am 1. April 2003 in Berlin.
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