EKHN
Helga Engler-Heidle
veröffentlicht 08.05.2024
von Britta Jagusch
Frauen in die Mitte rücken, raus aus den Nischen und mit gemeinsamer Stärke etwas erreichen – für Helga Engler-Heidle eine Lebensaufgabe, ob als Leiterin des Frauenpfarramts in Frankfurt, als Gründerin des Evangelischen Frauenbegegnungszentrums oder bei der Neuorganisation der Frauenarbeit in der EKHN.
Auf der Suche nach Antworten
Schon als Kind war Helga Engler-Heidle auf der Suche, von Klein an interessierte sie sich für den Sinn des Lebens und für Gott und stellte Fragen. Antworten hatte der Pfarrer im Religionsunterricht in der Schule damals nicht. Helga Engler-Heidle, am 22. Juni 1948 in Traben-Trabach/Wolf an der Mosel geboren, wollte mehr wissen, über die Bibel und die Theologie. Die unbeantworteten Fragen wurden zur Motivation, selbst auf die Suche nach Antworten zu gehen.
Frühe Entscheidung für die Theologie
Bereits mit 13 Jahren entschloss sich Helga Engler-Heidle, Theologie zu studieren. „Es ging mir damals nicht darum, Pfarrerin zu werden, ich wollte verstehen, was Jesus und die biblischen Texte für mein Leben bedeuten“, sagt die Pfarrerin. Schon in der Schulzeit zeigte las sie Bonhoeffer, Tillich und Bultmann. Sie studierte Theologie in Bethel, Marburg und Tübingen und erlebte die Aufbrüche der 68er Bewegung, Proteste und die Infragestellung von Autoritäten auch in der Theologie.
Paritätisch und gleichberechtigt leben
Im Studium lernte sie Hans-Christoph Engler kennen, den sie 1973 heiratete. In dieser Zeit standen die Rollen von Männern und Frauen auf dem Prüfstand und Alternativen zu den Lebensentwürfen der Eltern wurden diskutiert. „Schon damals haben wir überlegt, wie wir leben wollen. Wir waren da sehr fortschrittlich und haben das paritätisch und gleichberechtigt geregelt.“
Kein leichter Weg für die junge Pfarrerin
Nach dem Ersten Theologischen Examen folgte ein Vikariat in Dreieichenhain. Die spätere Pröpstin Helga Trösken, damals noch Pfarrerin in Langen, begleitete die junge Vikarin. „Helga Trösken war die einzige Pfarrerin, die es weit und breit überhaupt gab“, erinnert sich Helga Engler-Heidle. Nach dem 2. Theologischen Examen folgte ein Spezialvikariat im Burckhardthaus Gelnhausen in der Bildungsarbeit. 1975 übernahm sie eine Pfarrstelle in der Frankfurter Luthergemeinde, als erste weibliche Pfarrerin in einer eher konservativen Gemeinde keine leichte Aufgabe.
„Ich wurde als Pfarrerin ganz anders behandelt als meine männlichen Kollegen, meine Theologie stand immer wieder auf dem Prüfstand im Kirchenvorstand. “
Helga Engler-Heidle
Emanzipierte Arbeitsteilung
1979 wurde die erste Tochter Friederike geboren, Helga Engler-Heidle arbeitete weiter Vollzeit, ihr Mann übernahm eine halbe Pfarrstelle und kümmerte sich um Haushalt und Kind. „Zu dieser Zeit noch eine sehr große Ausnahme.“ Die zweite Tochter Johanna erblickte 1983 das Licht der Welt.
Neue Impulse für die Frauenarbeit
1985 übernahm Helga Engler-Heidle das Frauenpfarramt in Frankfurt, eine frauenbewegte Zeit begann. Geprägt von den spirituellen und feministisch-theologischen Ansätzen aus den USA erhielt die Frauenarbeit neue Impulse. „Viele Frauen in den Gemeinden litten darunter, dass sie und ihre Themen nicht gehört werden“, erinnert sich die Theologin. „Die Auslegung der Bibeltexte war rein männlich geprägt.“ In den Frauenwerkstätten Feministische Theologie lernten Frauen, die Bibel auf ganz neue Weise kennen und erlebten es als große Befreiung, dass Gott nicht nur „der Herr“ ist, sondern in der Bibel auch mit weiblichen Bildern beschrieben wird.
Werkstätten für Feministische Theologie
Dabei waren die Frauenwerkstätten Feministische Theologie immer verknüpft mit dem praktischen Leben. Seminare zur feministischen Liturgie und „frauengerechte Sprache“ verbreiteten sich bis in die Dekanate. Fast 20 Jahre leitete Helga Engler-Heidle die Frauenwerkstätten. Alt und Jung kamen zu interessanten theologischen Vorträgen zusammen, Kinderbetreuung inklusive.
Teamarbeit und Frauenförderung
In ehrenamtlichen Teams wurden nach einem partizipativen Leitungsmodell die Werkstätten vorbereitet. Erstmals konnten Frauen Erfahrungen sammeln, wie sie in der Öffentlichkeit auftreten und ihre Meinung vertreten können. „Manche Pfarrer wollten das nicht, dass ihre Frauen zu den Treffen kommen, wir haben die Frauen immer bestärkt, sich zu behaupten, auch im Ehrenamt.“
„Wir haben Frauen gefördert und unterstützt, frei in Gruppen zu sprechen und Seminare anzuleiten “
Helga Engler-Heidle
Bibel in gerechter Sprache und Frauengottesdienste
Als Frauenpfarrerin organisierte Helga Engler-Heidle 1986 die erste Frauenanhörung mit und unterstützte die Frauenprotestwelle 1995 gegen die Schließung der Frauenarbeitsstelle. In vielen frauen- und kirchenpolitischen Netzwerken aktiv engagierte sie sich auch für das Projekt „Bibel in gerechter Sprache“. Mit der katholischen Erwachsenenbildung rief sie die ökumenischen Frauengottesdienste ins Leben, die bis heute in der Alten Nikolaikirche auf dem Römerberg gefeiert werden. „Als Zeichen der Solidarität mit allen katholischen Frauen, die kein Pfarramt ausüben dürfen“, sagt Engler-Heidle. Neben Fortbildungen für Kirchenvorsteherinnen brachte sie mit Ausstellungen und Publikationen Frauenthemen in die Öffentlichkeit.
Frauen sichtbar machen
Intensiv beschäftigte sie sich mit der Theologinnengeschichte der EKHN und dem Pfarrerinnenzölibat. Sie entdeckte bei ihrer Recherche in Frankfurt viele Theologinnen, die auf dem Weg zur Gleichstellung im Pfarramt Pionierinnen waren. Frauen sichtbar machen und in den Mittelpunkt rücken, ist ihr bis heute eine Herzensangelegenheit. Helga Engler-Heidle engagierte sich für ein neues Frauenbegegnungszentrum in der Stadtmitte und führte darin das Pfarramt für Frauenarbeit und die Bildungseinrichtung für berufstätige Frauen „Frau im Beruf“ zusammen.
„Spiritualität und Widerstand gehören zusammen, hier finde ich Kraft für meinen persönlichen und politischen Weg. “
Helga Engler-Heidle
Neues EVAangelisches Frauenbegegnungszentrum entsteht
Von 1997 bis 2001 leitete sie das neu entstandene Evangelische Frauenbegegnungszentrum (EVA) in der Saalgasse. Mit dieser EKD-weit einzigartigen Institution erhielt die Evangelische Frauenarbeit in der Mainmetropole ein neues Profil. Frauenthemen wurde gezielt und verstärkt in der kirchlichen und städtischen Öffentlichkeit wahrgenommen. „Wichtig war mir eine Arbeit auf drei Säulen: Spiritualität, Theologie und Politik.“ Inspiration erhielt Engler-Heide von Dorothee Sölle.
Neustrukturierung der Frauenarbeit
2001 stellte Helga Engler-Heidle vor eine Mammutaufgabe, sie erhielt eine Projektstelle im Zentrum Bildung in Darmstadt zur Neustrukturierung der Frauenarbeit in der EKHN. Fünf Jahre dauerte der Prozess bis sich die Evangelische Frauenhilfe in Hessen und Nassau e.V. und die Evangelische Frauenarbeit in Hessen und Nassau zum Verband Evangelische Frauen in Hessen und Nassau e. V. zusammenschlossen. Als Dach- und Fachverband vertritt er bis heute alle evangelischen Frauenhilfegruppen, Frauenvereine und Frauenverbände in der EKHN.
Aufbau einer Ehrenamtsakademie
Aufbau und Neuanfang hieß es auch 2006. Helga Engler-Heidle baute die Ehrenamtsakademie auf, die sie bis 2013 leitete, und etablierte regionale Standorte im gesamten Kirchengebiet der EKHN. Bis heute qualifziert und unterstützt die Ehrenamtsakademie Kirchenvorsteherinnen und Kirchenvorsteher, Mitglieder der Kirchensynode der EKHN sowie Vorstände der Dekanatssynoden und interessierte Ehrenamtliche.
Frauenthemen im Internet platzieren
Mit Pioniergeist ist Helga Engler-Heidle auch nach ihrer beruflichen Karriere aktiv, zum Beispiel um Frauenthemen in der Öffentlichkeit sichtbar zu machen. In dem von ihr und Ute Knie 2019 initiierten Projekt „Frauenbewegung der EKHN online“ liegt ihr besonders die Verbreitung auf Wikipedia am Herzen. „Frauen und Frauenthemen sind dort völlig unterrepräsentiert“, sagt Engler-Heidle. „Das will ich gemeinsam mit anderen Frauen ändern!“
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