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Esther Gebhardt
veröffentlicht 10.05.2024
von Britta Jagusch
Esther Gebhardt leitete 24 Jahre den Evangelischen Regionalverband in Frankfurt. 1990 wurde damit erstmals eine junge Frau Chefin von mehreren hundert Mitarbeitenden, die sich erfolgreich in der männlichen Führungswelt behauptete.
Mutige Chefin
Esther Gebhardt setzte 1990 mit ihrer Kandidatur für das Amt der Vorsitzenden des Evangelischen Regionalverbandes in Frankfurt ein besonderes Zeichen. Sie war eine Frau und dazu mit 35 Jahren noch jung für ein Leitungsamt, das bisher nur von Männern besetzt war. Doch Esther Gebhardt hatte Erfolg mit ihrer Kandidatur und wurde Chefin einer Behörde mit hunderten Beschäftigten, die im Auftrag von 72 Kirchengemeinden mit insgesamt 190.000 Mitgliedern administrative und übergemeindliche Aufgaben wahrnahm. Es war nicht ihr erstes Führungsamt, aber das erste mit einer so großen Leitungsaufgabe. Die 1955 in Berlin geborene Pfarrerin, die die meiste Zeit ihres Lebens in Frankfurt verbrachte, bewies 24 Jahre lang, dass Frauen an der Spitze erfolgreich sein können.
Einsatz für das Frauenbegegnungszentrum
Esther Gebhardt studierte Soziologie und Theologie in Frankfurt und Mainz. Nach ihrem Vikariat in der Frankfurter Nikolaigemeinde und ihrem Spezialvikariat im Seminar für Seelsorge in Frankfurt wurde sie Pfarrerin in der Nazarethgemeinde in Eckenheim. Schon bald kamen weitere Leitungsaufgaben dazu. 1987 wurde sie stellvertretende Dekanin im Dekanat Dornbusch, 1988 Mitglied im Vorstand des Evangelischen Regionalverbandes und Vorstandsmitglied des Pfarrerinnen- und Pfarrervereins in der EKHN. 1989 legte sie dem Vorstand die erste Konzeption für ein Evangelisches Frauenbegegnungszentrum (EVA) vor, das sie während ihrer Amtszeit stets unterstützte.
Personalfragen und diakonische Aufgaben
In der Leitung des Evangelischen Regionalverbandes erwarteten sie umfangreiche und neue Aufgaben, wie Personalfragen, die Ausweitung von Kindergärten in Stadtteilen, in denen immer mehr Kinder muslimischen Glaubens waren. Sie trat ein für Minderheiten wie Obdachlose oder Flüchtlinge, mischte sich damit in kommunalpolitische Fragen ein. In ihre Amtszeit fallen die Errichtung eines evangelischen Hospizes, aber auch eine Reihe von Sparmaßnahmen und Gemeindezusammenschlüssen.
Analytisch Denken und Organisieren
Die Frage nach den speziellen Fähigkeiten, die eine Frau für die Bekleidung eines solchen Amtes braucht, beantwortet Esther Gebhardt klar: Analytisches Denken und organisatorische Fähigkeiten seien vorrangig gefordert. Frauen, die eher aus einem seelsorgerlichen Impuls heraus arbeiten, habe sie nie in Leitungsfunktionen erlebt, erinnert sie sich.
Durchsetzungskraft mit Charme
Sie habe selbst auch lernen müssen, dass sie die eigene Sozialisation des „immer lieb Seins, immer gefällig Seins“ ein wenig zurücklassen musste. „Durchsetzungsfähigkeit, Standhaftigkeit, eine gewisse Form von Unverletzbarkeit, eine gewisse Härte gemischt mit weiblichem Charme“ – seien notwendige Eigenschaften, die man sich durchaus auch durch Lernen und Fortbildungen aneignen könne.
Selbstreflexion und Leitungswillen
Im Übrigen würden diese Eigenschaften nicht nur gegenüber Männern gebraucht, sagt Esther Gebhardt. Nicht nur im „männlichen Wolfsrudel“ müsse eine Leitungsfunktion ständig abgesichert werden. Selbstreflexion, eine Mischung aus Kompetenz und Leitungswillen, aber auch aus Konzilianz, aus Moderationsfähigkeiten sei gefragt. So könne das Leitungsamt am Ende sogar „richtig Spaß machen“.
Dirigentin eines großen Orchesters
Sich selbst sah Gebhardt schließlich als Dirigentin, die ein großes Orchester zu einem Gesamtklang zusammenführen muss – was Ermutigung für die einen und Zurückhalten anderer bedeute, damit jede und jeder etwas Gutes beitragen könne. „Am Ende geht es immer um den Umgang mit Macht“ – gleich ob als Mann oder als Frau.
Macht sensibel gebrauchen
Männermacht hat Esther Gebhardt auch in der Kirche nicht immer als eine erfahren, die sie hochachten konnte. Dabei habe sie gelernt, Macht einzuschränken und zurückzunehmen und damit positiv einzusetzen. Aber das „ist nicht spezifisch weiblich, sondern eine Beobachtung aus männlichem Machtmissbrauch.“
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