Evangelische Kirche in Hessen und Nassau
Frau und Mann auf je einer Waag-Schale - beide auf gleicher Ebene

© Getty Images, Nataliia Prachova

Im Grundgesetz ist verankert, dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind

Grundgesetz: Festgottesdienst & Weichenstellung für Gleichberechtigung

veröffentlicht 21.05.2024

von epd / Online-Redaktion der EKHN

Zu den Feierlichkeiten zum 75-jährigen Bestehen des Grundgesetzes gehört auch ein ökumenischer Gottesdienst am 23. Mai, der auf Youtube übertragen wird. Übrigens: Dass der heute selbstverständlich wirkende Satz „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ im Grundgesetz steht, war ein harter Kampf.

Am 23. Mai 2024 wird das Grundgesetz 75 Jahre alt. Auch die evangelischen Kirchen ehren die Verfassung als Ausdruck von Demokratie und Gottesverantwortung, inspiriert von den Erfahrungen der Parlamentarischen Ratsmitglieder gegen die Nazi-Diktatur. Dr. Volker Jung, Kirchenpräsident der EKHN, hatte bereits im Vorfeld betont: "Wir sehen gerade jetzt eine besondere Verantwortung, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu stärken." Anlässlich des 75. Jahrestags der Verkündung des Grundgesetzes findet am 23. Mai 2024 ein Staatsakt in Berlin statt, zu dem auch ein ökumenischer Gottesdienst gehört. Er wird auf Youtube ab 10 Uhr übertragen: 

Ökumenischer Festgottessdienst am Donnerstag ab 10 Uhr auf Youtube:

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Steiniger Weg bis zur Gleichstellung von Mann und Frau

Nicht nur Männer, sondern auch Frauen haben die demokratischen Regeln entworfen, nach denen Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik seit 75 Jahren leben. 61 Männer und vier Frauen gehörten 1948 dem Parlamentarischen Rat an, der das Grundgesetz erarbeitete. Die „Mütter des Grundgesetzes“ waren die Sozialdemokratinnen Friederike Nadig und Elisabeth Selbert sowie die vom politischen Katholizismus geprägten Politikerinnen Helene Weber (CDU) und Helene Wessel (Zentrumspartei). Vor allem Elisabeth Selbert ist es zu verdanken, dass die Gleichberechtigung von Frau und Mann in Artikel 3, Absatz 2 des Grundgesetzes Aufnahme fand.

Würdigung durch Evangelische Frauen

Die Evangelischen Frauen in Hessen und Nassau (EFHN) haben in ihrem Monatsimpuls im Mai 2024 daran erinnert, dass Elisabeth Selberts Weg beschwerlich war, bis sie ihr Ziel erreicht hatte. Aber als es dann soweit war, hatte sie, wie sie es selbst nannte „die Sternstunde ihres Lebens“.

TV-Tipp:

Das ist auch der Titel eines Films des Ersten Deutschen Fernsehens, der ihren Kampf um die Gleichberechtigung und ihr Durchhaltevermögen zeigt. Am Montag, 3. Juni 2024, um 18.30 Uhr zeigt die EFHN den Film Film „Sternstunde ihres Lebens“ per Zoom. Bitte per E-Mail anmelden bei sabine.gruenewald@evangelischefrauen.de.

Elisabeth Selbert – ein bewegtes Leben

Die Kämpferin für die Gleichberechtigung wurde 1896 wurde als Martha Elisabeth Rohde geboren und wuchs in einer christlich geprägten Familie in Kassel auf. Ihre berufliche Laufbahn startete sie als Auslandskorrespondentin, ab 1914 war sie bei der Reichspost beschäftigt. Seit 1918 war sie SPD-Mitglied. 1920 heirate sie den Buchdrucker und Sozialdemokraten Adam Selbert und bekam mit ihm zwei Kinder. Als Mutter bestand sie 1926 das Abitur und absolvierte schließlich ein Jurastudium in Marburg und Göttingen, das sie 1929 mit dem Staatsexamen beendete. 1930 promovierte Elisabeth Selbert über Ehe- und Familienrecht, ab arbeitete seit den 30er Jahren Rechtsanwältin in Kassel. Nach dem Krieg beteiligte sie sich am Wiederaufbau der SPD und der Arbeiterwohlfahrt.
Im Parlamentarischen Rat dringt die Abgeordnete und Juristin Elisabeth Selbert auf die klare Formulierung „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“, die zweimal abgelehnt wird. Selbert startet eine Öffentlichkeitskampagne und erzeugt damit politischen Druck, sodass ihr Vorschlag im Januar 1949 die entscheidende Hürde nimmt. Dennoch haben patriarchale Bestimmungen im Familienrecht teils noch jahrzehntelang Gültigkeit.

Zu den Müttern des Grundgesetzes gehören auch:

  • Die Sozialpolitikerin Friederike Nadig setzte sich Parlamentarischen Rat nach anfänglichen Bedenken für die Gleichberechtigung von Mann und Frau sowie für das Recht auf Kriegsdienstverweigerung ein.
  • Die studierte Gymnasiallehrerin Helene Weber macht sie sich vor allem für die Verankerung des Elternrechts im Grundgesetz stark. Der vollen Gleichstellung der Frau im Ehe- und Familienrecht steht sie zurückhaltend gegenüber, unterstützt aber am Ende die von Selbert geforderte formale Gleichstellung der Geschlechter.
  • Helene Wessel hatte aufgrund ihrer traditionellen Vorstellungen von Ehe und Familie die Initiative zur Gleichberechtigung der Geschlechter den SPD-Politikerinnen Selbert und Nadig überlassen, hat ihn aber letztendlich unterstützt. Weil sie christliche Wertvorstellungen und sozialstaatliche Grundrechte im Grundgesetz vermisst hat, lehnte sie das gesamte Werk bei der Schlussabstimmung vom 8. Mai 1949 ab.

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