Evangelische Kirche in Hessen und Nassau
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Bitte wenden, ist manchmal geboten

Buß- und Bettag

veröffentlicht 11.09.2023

von Hans Genthe / red

Der Buß- und Bettag am 20. November 2024 lädt dazu ein, das eigene Leben kritisch zu betrachten und neu auszurichten.

Buße zielt auf die Umkehr

Mal ganz neu anfangen, oder wenigstens das eigene Leben in neue Bahnen zu lenken, wer hat nicht schon mal daran gedacht? Gründe gibt es genug. Seinem Leben eine neue Richtung zu geben, wohlmöglich sogar umzukehren, fängt damit an, mal aufzuräumen, die eigenen Gedanken zu ordnen, und auch Problematisches auszusprechen. Das kann auch im Gespräch mit Gott geschehen, im Gebet. Umkehr und Neuanfang sind nichts anderes als Buße. Buße ist "das Recht, ein anderer zu werden", meinte die Theologin Dorothee Sölle. Gebete, Fragen zur Selbstreflexion,  Impulse zum „Hausputz für die Seele“ sowie Worte der Hoffnung trotz der Krisen können den Prozess unterstützen.

So wird der Buß- und Bettag heute gestaltet

Der Buß- und Bettag wird von einigen evangelischen Kirchengemeinden mit Gottesdiensten, Konzerten und anderen ernsten Veranstaltungen gestaltet und erhalten. Meist sind die Termine für den Abend geplant und das hat einen Grund: Bis 1995 war der Buß- und Bettag ein gesetzlich geschützter und damit arbeitsfreier Feiertag der evangelischen Kirche. Dann wurde sein arbeitsfreier Status - außer in Sachsen - als finanzieller Ausgleich für die Pflegeversicherung abgeschafft. In Hessen und Rheinland-Pfalz ist er also kein gesetzlicher Feiertag mehr.  

Ein Anlass über eine Kurskorrektur nachzudenken, ist der 20. November 2024 dennoch. Dann begehen die evangelischen Kirchen den Buß- und Bettag. Wie lässt sich angesichts der Krisen und Kriege in der Welt umkehren?

Gebet zum Buß- und Bettag

Im Wechsel mit Strophen aus dem EGplus 26 „Aus der Tiefe rufe ich zu Dir“:

Gott, wir sagen Dank für das, was ist,
und blicken mit Freude, auf das Schöne, was kommt.
Und zugleich gibt es in uns und in der Welt vieles,
was uns belastet, was uns in Frage stellt.

Kurze Stille

Wir kommen zu dir, Gott, und singen:
EG+ 26,1 „Gott höre meine Klagen.“

Vieles ist im Umbruch.
In unserem Leben, in unserer Kirche,
in der Gesellschaft, in der ganzen Welt.
Wir fühlen uns oft überfordert: Was ist zu tun?
Wo geht es lang?
Manchmal wissen wir das nicht.

Kurze Stille

Wir kommen zu dir, Gott, und singen:
EG+ 26,2 „Gott, öffne deine Ohren.“

Das Leben auf unserer Erde steht auf dem Spiel.
Wir schaden deiner Schöpfung.
Wir dürfen den Kopf nicht in den Sand stecken.
Wie fangen wir das an?

Kurze Stille

Wir kommen zu dir, Gott, und singen:
EG+ 26,3 „Gott, achte auf mein Flehen.“

Auch wenn wir es nicht wollen, kommt es vor:
Wir tun uns und anderen weh.
Wir werden schuldig.
Doch du, Gott, lässt uns nicht fallen.
Du begegnest uns mit Nachsicht und Güte.

Kurze Stille

Wir kommen zu dir, Gott, und singen:
EG+ 26,4 „Nur dir will ich vertrauen.“

Gelobt seist du, Gott.
Du hörst unser Gebet.
Du wendest Deine Güte nicht von uns. (nach Psalm 66,20)

Amen

(Pia Baumann, Referentin für Gottesdienst, EKHN)

Impulse für die persönliche, innere Reflexion

  1. Welche Not bedrängt mich?
  2. Was muss dringend anders werden?
  3. Was ist meine Schuld, was mein Anteil?
  4. Was kann ich ändern? 
  5. Mit welchen Menschen kann ich darüber sprechen?
  6. Mit wem sollte ich unbedingt sprechen, mich entschuldigen?
  7. Wo bin ich machtlos, wo kann ich nichts tun?
  8. Bin ich bereit, mit Gott zu sprechen?
  9. Traue ich Gott Vergebung zu?
  10. Was ändere ich? Und zwar wann genau?

epd-Video: Worum geht es beim Buß- und Bettag?

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Buße auch als gesellschaftliches Ereignis 

Buße geschieht nicht nur individuell, sondern auch für die ganze Gesellschaft. Viele Menschen drängen Fragen wie diese: Wie kann unsere Gesellschaft freundlicher und gerechter werden? Oder: Wie können wir in der Klimapolitik wirksam umdenken? Der Buß- und Bettag ermutigt zu Lösungen zum Wohl aller Menschen und der Schöpfung - im Gegensatz zum individuellen, konkurrenzorienterten Machtstreben, das zum Großteil um eigene Vorstellungen und Bedürfnisse kreist. 

Den Ursprüngen auf der Spur: Umkehr statt Strafe

Mit Begriffen wie Geldbuße und Redewendungen wie „das wirst du mir büßen“ ist Buße im Alltag gegenwärtig. Aber auch das Bußgeld zielt darauf ab, dass der Bestrafte sein Verhalten ändert. Also will auch die juristische Strafe ein neues Verhalten erreichen. Buße im Hebräischen des Alten Testaments bedeutet  jedoch »umkehren«. Das griechische Wort für Buße im Neuen Testament heißt »umdenken«. Buße beschreibt somit zum einen einen inneren Prozess und zum anderen, praktisch ein neues Leben anzufangen. Die biblische Überlieferung aus dem alten Testament veranschaulicht die Bedeutung:

Als der Prophet Jona vor etwa 2500 Jahren Gottes Auftrag erfüllte und den sündig lebenden Menschen in Ninive den Untergang verkündete, wandten sie sich Gott wieder zu „und ließen ein Fasten ausrufen und zogen alle, Groß und Klein, den Sack zur Buße an.“ Selbst der König zog seinen Purpurmantel aus und machte mit. „Da glaubten die Leute von Ninive an Gott und ließen ein Fasten ausrufen und zogen alle den Sack zur Buße an.“ (Jona 3,3ff). 

Martin Luther und die Buße

Als Martin Luther junger Professor in Wittenberg war, stand für ihn das Thema der Buße ganz oben. Er schrieb sie deshalb schon in die ersten seiner 95 Thesen: Als unser Herr und Meister Jesus Christus sagte: „Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen“, wollte er, dass das ganze Leben der Glaubenden Buße sei. Und so sind die 95 Thesen als erstes eine Auseinandersetzung mit Johannes Tetzels Ablasshandel. Dass daraus die Reformation wurde, hatte Luther damals nicht im Blick. 
Die Buße war ihm so wichtig, dass er sie neben Taufe und Abendmahl zu den Sakramenten rechnete. Doch ließ er die Buße später als drittes Sakrament fallen, weil er den Erlass von Sünde und Strafe bereits in der Taufe erkannte und im Heiligen Abendmahl durch die Gegenwart Christ. 

Bußtage haben eine lange Geschichte

Bußtage gab es schon im Mittelalter, von der Obrigkeit meist aus aktuellem Anlass angeordnet, wie der Pest oder Missernten, Hunger oder Krieg. Anlass war immer die größte Not, in der weder das Volk noch die Obrigkeit einen Ausweg wussten. Mit der Buße verbanden die Menschen die Hoffnung, das Schicksal durch eigene Verhaltensänderung wenden zu können, bei sich selbst zu schauen. Nicht der äußere Feind wurde beschworen, sondern die eigene Haltung.

In den verschiedenen Territorien Deutschlands gab es unterschiedliche Termine für Buß- und Bettage. So konnte man 1878 in 28 deutschen Ländern insgesamt 47 Bußtage an 24 unterschiedlichen Tagen zählen. Ein einheitlicher Buß- und Bettag am Mittwoch vor dem letzten Sonntag im Kirchenjahr wurde 1852 erstmals vorgeschlagen. In Preußen wurde dieser Vorschlag schließlich 1893 Gesetz. Erst 1934 wurde der Buß- und Bettag gesetzlicher Feiertag im gesamten Deutschen Reich.

1995 wurde der Buß- und Bettag als arbeitsfreien Tag abgeschafft um die Mehrbelastung für die Arbeitgeber durch die Beiträge zur neu eingeführten Pflegeversicherung durch Mehrarbeit der Arbeitnehmer auszugleichen. Weil diese Mittel kaum ausreichten, gab es schon kurz nach der Abschaffung dieses Feiertages die ersten Erhöhungen der Beiträge zur Pflegeversicherung. In Sachsen blieb der Buß-und Bettag gesetzlicher Feiertag. Dafür bezahlen die Arbeitnehmer dort einen um 0,5 Prozent höheren Beitrag zur Pflegeversicherung als in den anderen Bundesländern. In Bayern ist am Buß- und Bettag an allen Schulen unterrichtsfrei. Verschiedene Initiativen, die den Bußtag wieder als Feiertag einführen wollten, sind gescheitert. Der Bußtag bleibt, auch als normaler Arbeitstag ein Anlass, sein Leben kritisch zu hinterfragen neu auszurichten.

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